Freitag, April 28, 2006

Der Abspann (revisited)

Im Film "Die Zeit die bleibt" - der sehr zu empfehlen ist - habe ich den seit langem besten Abspann erlebt. Anstatt wie in vielen anderen Filmen noch mit einem schmissigen Hit beglückt zu werden, der oft ganz und gar nicht zur Stimmung des Films paßt, oder mit der Standard-Kitschmusik weiter vollgedudelt zu werden, gab es hier Meeresrauschen.
In der letzten Szene des Filmes liegt die Hauptfigur am Strand, die Sonne geht unter und es wird dunkel. Dabei hört man das Meeresrauschen. Und dann wird die Leinwand schwarz, das Meeresrauschen erklingt weiter, und der Abspann beginnt. Und während des gesamten Abspanns ist weiter dieses Rauschen zu hören, das zusammen mit der vorherigen Szene den ganzen Film beinhaltet. Und damit beginnt dann das Nachdenken, bei der Untermalung schon fast mehr das Meditieren: Wie würde ich handeln ? Was würde ich jetzt anders machen ? Oder ist es doch einfacher den Tod im Leben immer auszuklammern ?

In einem sehr frühen Beitrag in diesem Blog habe ich mich über das Verhalten der Zuschauer während des Abspanns im Kino ausgelassen.

Donnerstag, April 27, 2006

Schönsehen

Eine der typischen unattraktiven Straßen in größeren deutschen Städten: Viel Autoverkehr, auf den engen Bürgersteigen hasten die Fußgänger vorbei an den grauen, nichtssagenden Gebäuden aus den sechziger Jahren. Darin Export/Import-Shops, Dönerbuden und China-Imbisse, ein Schreibwarengeschäft, eine Reinigung.
Dazwischen ein leerstehendes Geschäft. Durch das Schaufenster konnte man in einen kleinen, völlig leeren Raum blicken. An der Türe hing das Schild: Hier eröffnet demnächst "La Vie en rose" - das Fachgeschäft für rosa Brillen. Ihre Spezialisten für eine schönere Wahrnehmung. ER - Embellished Reality.
Nach vier Wochen war das Schild ausgetauscht: Wegen enormen Geschäftserfolg haben wir vergößert - nun in der Bahnhofsstraße 29.

Mittwoch, April 26, 2006

Ach wie schön war: Das Sarah-Label

Das kleine Sarah-Label aus Bristol bescherte der Welt von 1987 bis 1995 Platten von unvergänglicher Schönheit. Ich erinnere nur an Gruppen wie Heavenly, The Field Mice, Another Sunny Day, Blue Boy...
Die Aufnahmequalität ist teilweise schon als fragwürdig zu bezeichnen, und die in den Texten kundgetane romantische Verzweiflung auf die Spitze getrieben. Für mich aber - je nach Album - zu Herzen gehende oder mitreissende Musik, die immer wieder den Weg in meinen CD-Spieler findet.

Ich erinnere mich auch noch gerne an die vom Labelbesitzer handschriftlich ausgestellten Rechnungen und persönlichen Nachrichten die ich in den sehnlichst erwarteten Päckchen aus Bristol fand.

Zum (optischen) Schwelgen in der Vergangenheit sei diese Website des verschiedenen Labels empfohlen.

Dienstag, April 25, 2006

Pessi-Mist und Opti-Mist

Stier Heiner steht in einer Fleischfabrik in Niedersachsen. Ein elendes Leben auf kleinstem Raum, ohne Tageslicht. Er kennt keine Jahreszeiten, nicht den Geschmack von grünem Gras, nicht den Geruch der Frühlingsblumen. Kein Wunder dass sich in Heiners Box Pessi-Mist am Boden sammelt !

Kuh Gundula steht auf einer Weide in Oberbayern. Sie läuft über eine im Frühling blumenübersäte Wiese, legt sich im Sommer gerne unter den großen Baum in den Schatten, genießt im Herbst den Ausblick auf den ersten Schnee in den Alpen, und zieht im Winter dann doch den geheizten, geräumigen Stall vor. Gundula produziert nur Opti-Mist !

Sonntag, April 23, 2006

Die Zeit und die Uhr


Die kleinen Jungen liefen hinter Geneviève her und machten sich über sie lustig. "Hexe, Hexe, wann werde ich sterben ?". Aber die Frau die mit stolz erhobenem Haupt und langen weißen Haaren über den Markt von Straßburg lief kümmerte das nicht. Viele Leute machten sich über sie lustig, sie war stadtbekannt und wurde sogar als Kuriosum zu großen Feiern eingeladen, wo sie in einem kleinen Nebenzimmer neugierige Gäste beriet und sehr großzügig bezahlt nach einer langen Nacht nachhause kam.
Ihr machte es nichts aus dass die Leute sich offiziell nicht zu ihr bekannten. Ihr reichte die ehrliche Bestätigung unter vier Augen dass sie vielen Leuten mir ihren Ratschlägen weitergeholfen hat. Und ihre Kunden waren überzeugt dass sie nicht nur in Menschen hinein sondern auch in die Zukunft sehen konnte.
Im Prinzip machte sie nichts anderes als zuhören und den Leuten klarmachen dass sie das Leben jetzt leben müssen. Mit einem guten Einfühlungsvermögen konnte sie Ratschläge geben auf die ihre Kunden in der Kirche vergebens warteten.
Heute war sie auf dem Weg zum Uhrmacher Schwilgué, der eine kreative Blockade hatte und kurz davor stand seinen Großauftrag für das Münster zu verlieren. Ein einfacher Kunde, der wunderbar in ihre Philosophie passte ! Nachdem sie ihn augehorcht hatte und dann behutsam ihre Ansichten über das Leben und die Vergänglichkeit der Zeit ausgebreitet hatte kam Schwilgué die Eingebung genau das mit seiner astronomischen Uhr darzustellen. Er war so glücklich über diese glückliche Wendung dass er sich öffentlich zu Genevièves Hilfe bekannte und ihr somit endlich das verdiente Ansehen verschaffte. Und so kann man noch heute in einer der Figuren der weltbekannten Uhr im Straßburger Münster Geneviève erkennen, die am großen Rad der Zeit steht - allerdings um Jahrzehnte verjüngt dargestellt.

Freitag, April 21, 2006

Die Erfindung der Rallyestreifen

In den 60er Jahren hat sich der Ingenieur Peter W. Applebee bei der amerikanischen Lackfirma Reed Astrocolors Ltd. mit Speziallacken für Überlackierungen beschäftigt - gedacht als Dekorationsmöglichkeit für Überlandbusse. Als er für einen ersten Praxistest mit diesem Lack Streifen auf sein Privatauto malte, meinte er zu bemerken dass sein Auto danach sportlicher und schneller fuhr. Er konnte den Chef des Unternehmens mit viel Schwierigkeiten dazu überreden diesen Test auch an seinem Fahrzeug durchzuführen.
Als dieses Auto dann auch einen sportlicheren Eindruck hinterließ war der erfolgreiche Unternehmer immer noch skeptisch und wollte nicht an einen physikalischen Effekt glauben. Ihm fiel aber auf dass er mit seinem Auto mit den prägnanten Längsstreifen viel mehr Aufsehen erregte als bisher, dass er an Ampeln von Jugendlichen mit aufheulendem Motor zu einem Beschleunigungsrennen herausgefordert wurde - und erkannte die Marktlücke: Er bot das neu entwickelte Produkt als Speziallack für die von seiner Marketingabteilung Rallye-Streifen benannte Dekoration an. Als die ersten Autofirmen ihre Sportwagen ab Werk mit Rallyestreifen aus Astrocolors-Lack versahen war die Erfolgsgeschichte der Firma geschrieben.
Nur Peter W. Applebee schied verbittert aus der Firma aus. Er beklagte noch als Rentner dass niemand bereit war seine revolutionäre Entdeckung zu unterstützen: Den wissenschaftlichen Nachweis zu erbringen dass Rallyestreifen ein Fahrzeug wirklich sportlicher machen.

Donnerstag, April 20, 2006

Elizabeth plant ihren Geburtstag

"Und Montag nachmittag Geburtstagskaffee in Canterbury beim Erzbischof. Danach kurzer Spaziergang durch das Geburtstagsfest in der Stadtmitte. Dann Rückfahrt nach London, und das Dinner der Kapitänsloge zu Ihren Ehren, Frau Majestät".
Die Queen stöhnte. Als Kind hat sie Geburtstage geliebt. Am liebsten waren ihr die tollen Feste auf Schloß Windsor gewesen, mit Überraschungen hinter jedem Eck - dort ein paar Clowns im Kaminzimmer, dort ein Pony im Thronsaal. Und jetzt hatte sie immer noch gerne Geburtstag, an einem Tag seinen achtzigsten Geburtstag zu feiern wäre toll. Aber ein halbes Jahr lang ? Queen zu sein ist ein harter Job dachte sich Elisabeth, während sie ihren Lieblingscorgi streichelte und nur noch mit halbem Ohr der Litanei der Feierlichkeiten der nächsten Woche lauschte. Morgen ist ihr eigentlicher Geburtstag. Und es graute ihr fast davor.
Und wenn sie endlich mal wieder richtig Geburtstag feiert anstatt Feiern über sich ergehen zu lassen ? Sie unterbrach ihren Assistenten mit ein paar kurzen Anweisungen: Buchen Sie meine Doppelgängerin für morgen und gehen sie mir ihr das Programm durch. Bereiten Sie mit ihr die Geburtstagsansprache vor.
Sie beugte sich zu ihrem Corgi und flüsterte ihm ins Ohr: Und wir gehen morgen vormittag erstmal in den Pub !

Dienstag, April 18, 2006

Ich bin zurückgekommen um umzuverteilen

Rudi Oberberger, genannt der Lustige Rudi, wachte von einem klappernden Geräusch auf, als würde jemand durch die Gänge reiten. Er hielt die Augen geschlossen und versuchte sich zu erinnern wo er war. Wien ? Nein, das war vorgestern gewesen. Ach ja, Köln. Heute war die Generalprobe für eine Volksmusiksendung in der er auf Drängen seines Managements auftrat. Wieder endlose Stunden inmitten der nervenden Kollegen, die ihm verhasste dröhnende Musik.
Seine Eltern hatten Recht gehabt: Bub, lerne einen vernünftigen Beruf. Zwar konnte er sehr gut von der Musik leben, aber er konnte Volksmusik nicht ausstehen, es kostete ihn viel Kraft immer den lustigen unbeschwerten Musiker vom Land zu spielen. Wie gerne wäre er Schreiner wie sein Vater, würde mit Freude Möbel gestalten und herstellen. Oder ein Bürojob in der Gemeindeverwaltung. Alles besser als dieses verlogene Leben. Als Kind hatte er davon geträumt wie Robin Hood für Gerechtigkeit zu sorgen, als Jugendlicher hatte er sich in verschiedenen Bürgerinitiativen engagiert und wollte einen sozialen Beruf ergreifen. Aber da lockte das schnelle und einfache Geld als Volksmusiker, als gutaussehender Frauenschwarm.
Das Klappern war immer näher gekommen, und jetzt hörte er es auch Schnauben. Hatte er vergessen den Fernseher abzuschalten ? Er öffnete die Augen, da klopfte es laut an der Tür. "Los geht es, es gibt viel zu tun !" Rudi Oberberger stand auf, öffnete die Tür und erstarrte. Im Gang stand ein Mann, der wie Errol Flynn aussah, und hielt die Zügel von zwei gesattelten Pferden in der Hand. Und da fiel ihm die Kleidung auf: Das war doch Robin Hood ! "Zieh Dich schnell an, und komm mit ! Ich bin zurückgekommen um umzuverteilen !". Rudi Oberberger brauchte nur wenige Sekunden, dann war ihm klar: Den lustigen Rudi gab es nicht mehr ! Er schließt sich Robin Hood an.
Wenig später ritt er hinter Robin Hood aus der Lobby des Maritim Hotels auf die Straße, von ungläubigen Blicken gefolgt.

Montag, April 17, 2006

Das Leben schreibt die besten Geschichten

Auf dem Weg zu ihrem Laden durchquerte Gabrielle Beaumarchais das Petite France. Selbst zu dieser frühen Uhrzeit waren schon Touristen unterwegs, fotografierten die sich im Wasser spiegelnden Fachwerkhäuser, studierten die Speisekarten und ließen ihre verschiedenen Sprachen durch die Gassen hallen. Sie schloß die Ladentür auf und dachte sich mal wieder daß die meisten Menschen gar nicht mehr wissen was ein Kurzwarengeschäft eigentlich im Angebot hat (*). Sie könnte sich schon lange zur Ruhe setzen, mit ihren 70 Jahren die Tage im Garten ihres kleinen Häuschens genießen - aber sie war in diesem Laden aufgewachsen, hatte auf dem Fußboden mit Knöpfen und Bordüren gespielt während ihre Mutter die Kunden beriet.
Und da waren diese Erlebnisse für die es sich lohnte oft stundenlang im Laden auf Kundschaft zu warten.
Gestern nachmittag stürmte plötzlich ein junger Mann mit verwuschelten Haaren und leicht verrutschter Kleidung in den Laden. "Ich brauche unbedingt Ersatzknöpfe für dieses Hemd !". Gabrielle untersuchte das sehr klassisch wirkende Rüschenhemd und sah daß jeder zweite Knopf fehlte. Sie schenkte dem jungen Mann ein vieldeutiges Lächeln das dieser richtig verstand und gleich widersprach: "Es stimmt, meine Freundin darf nicht merken daß jemand mir Knöpfe abgeschnitten hat. Es war aber nicht das was sie denken würde !". Gabrielle meinte bei ihr gebe es eine Art Beichtgeheimnis und fing an die passenden Knöpfe zu suchen. Da erzählte der junge Mann: "Auch wenn Sie mir nicht glauben: Ich wollte in einem Lokal am Place St. Etienne einen Flammkuchen essen. Ich war der einzige Gast. Als ich in den Keller auf die Toilette ging und dort wieder aus der Tür kam stand die Bedienung und die zwei Köche vor mir. Die Bedienung meinte 'der sieht doch sehr gesund und trainiert aus, der gibt guten Speck'. Daraufhin packten mich die beiden Köche, drückten mich auf den Boden, und die Bedienung fing an sadistisch grinsend mit einem Filettiermesser die Knöpfe an meinem Hemd abzuschneiden. 'Jetzt mach keine Foltershow sondern beeil Dich, ich brauche den Bauchspeck, die angemeldeten Gäste kommen sicher bald !' fuhr sie der ältere Koch an.
Da gab es Lärm von oben, eine Gruppe amerikanischer Touristen betrat das Lokal. Die drei ließen von mir ab und stiegen die Treppe hoch, die Bedienung warf mir einen enttäuschten Blick zu. Ich bin so schnell ich konnte aus dem Lokal gerannt..."
Gabrielle hatte in der Zwischenzeit passende Knöpfe gefunden und als besonderen Service sogar angenäht.

Während sie so an das gestrige Erlebnis zurückdachte setzte sie den Kaffee auf, legte die mitgebrachten Croissants auf den Ladentisch und bereitete ihr zweites Frühstück vor. Mal sehen was der heutige Tag für spannende Geschichten bringt dachte sie und schaute auf die vor dem Laden vorbeiziehenden Touristen.

(*) der entsprechende französische Begriff mercerie wird ebenso dem Vergessen anheimfallen (Anm. d. Übers.)

Sonntag, April 16, 2006

FROHE OSTERN


Liebe Leser ! Ich wünsche Ihnen Frohe Ostern und viele Leckereien - am besten solche wie diese in einer Straßburger Confiserie gesehenen Osterköstlichkeiten (für bescheidene 25 Euro)...

Slow Follower oder Trendsleeper

Wenn man nur durch Zufall auf vermeintlich neue Dinge stößt die wahrscheinlich schon längt durch etwas Neueres abgelöst sind und nur noch von Nostalgikern betrieben werden, zeigt wohl dass man zu wenig Zeit im Internet verbringt.
Nachdem ich also schon mit Jahren Verspätung das Bloggen entdeckt habe bin ich nun endlich zum Bookcrosser geworden. Natürlich habe ich schon länger etwas davon gehört, aber jetzt hat mich ein Bekannter dafür begeistert und ich bin eingestiegen:

GESTERN HABE ICH DAS ERSTE BUCH FREIGELASSEN !

Natürlich hat das ganze auch wieder einen Unterhaltungscharakter: Wenn man die Bücher nicht einfach so in das freie Leben entlässt sondern sie unter www.bookcrossing.com registriert und hofft wieder von ihnen zu hören...

Freitag, April 14, 2006

Holzblog

Blog Party
abbloggen
Notizblog
Blogwart
Häuserblog
Blogbuchstabe
Blogflöte
Bloghaus
blogieren
BLOGSCHOKOLADE

Donnerstag, April 13, 2006

Heute nacht: DJ Devil

DJ Devil, der mit bürgerlichem Namen Heribert Kreuzegger heißt, wird vom Satan zu einem Gespräch vorgeladen. Als er die geschmackvoll, aber sehr altertümlich im Hieronymus-Bosch-Stil eingerichtete Höhle seines Chefs betritt liegt dieser in seinem Lava-Whirlpool und winkt DJ Devil heran.
- Ihre Arbeitsleistungen sind bodenlos ! Keine einzige Seele im letzten Jahr ! Was haben Sie dazu zu sagen ?
- Aber Herr Dr. Satan, ich arbeite in einem strategischen Projekt ! Ich bereite den Boden für eine sehr gewinnbringende neue Sparte, ich besetze eine Marktnische. Ich bin kein Fußvolk das einzelne Seelen anwirbt. Bei mir geht es um den großen Erfolg !
- Wir finanzieren jetzt schon seit 2 Jahren dieses große Projekt mit dem Ziel im Nachtleben über die Musik Seelen zu fangen. Resultat: Null !
- Herr Dr. Satan, lassen Sie mich Ihnen die erreichten Meilensteine erläutern. Ich habe eine erfolgreiche Dark-Wave Partyreihe ins Leben gerufen, die jetzt schon Ableger in drei Städten hat, und das neu gegründete Label bringt demnächst die erste Compilation raus. Das Presseecho in den Szenemagazinen wie Zillo oder Sonic Seducer ist sehr gut: Ich werde als Rolemodel für den Dark-Wave-Lifestyle dargestellt. Die Anschubphase läuft also wie geplant.
- Aber messbare Erfolge sind alles was zählt ! Herr Kreuzegger, wenn ihr Projekt im nächsten Monat keinen Ertrag abwirft können Sie unten bei den Heizern mitarbeiten oder sich einen neuen Job suchen. Gehen Sie jetzt !
DJ Devil verläßt die Höhle und kann sich das Grinsen nicht verkneifen: Mit dem Projekt der Hölle AG hat er seine erfolgreiche Karriere im Musik- und Partybusiness begründet - und den Job als Teufel wollte er sowieso demnächst kündigen. Seelen anwerben ist ihm immer als ein moralisch verwerflicher Job vorgekommen, vergleichbar mit Versicherungsvertreter.

Dienstag, April 11, 2006

Wortbild

A nfang.
Wiederholung. Wiederholung. Wiederholung. Wiederholung. Stop !
GROSS. klein.
Unvollend
sträwkcüR
Abgek.
Bensiltausch.
laaaaannnnngggggzzzziiieeehhheeennn
lllallallllnn
Wort
tren nen
zusammenschreiben
Letztes Wort

Montag, April 10, 2006

Ein Ferrari für das Prestige

Die alte Eiche an der scharfen Kurve der Landstrasse kurz vor der Schweizer Grenze hatte es satt. Regelmäßig zerschellten an ihr Samstag nachts aufgemotzte Autos - bei genauer Betrachtung waren es aber fast nur Kleinwagen. Tiefergelegte Corsas mit getönten Scheiben, Golfs mit kofferraumfüllenden Anlagen, Puntos mit riesigen Auspufftöpfen. Aber nichts von dem sie erzählen könnte, mit dem sie Eindruck bei der Kastanie auf dem nächsten Dorfplatz oder der Tanne hinter der Kuppe erwecken könnte. Und erst recht nicht bei der Plantane an der Schweizer Uferpromenade.
Als sie dann diesen typischen Klang aus der Ferne erschallen hörte schlug ihr Herz sofort höher: Ein Ferrari am Sonntag nachmittag ! Sicherlich ein Unternehmer oder ein Arzt mit schwarzem Geldkoffer auf dem Beifahrersitz, der den kleinen, meistens unbewachten Grenzübergang in die Schweiz ansteuert. Der Wohlklang kam immer näher, sie konnte etwas rotes über den benachbarten Hügel flitzen sehen. "Eins, zwei, drei" zählte die Eiche leise und trat mit einem großen Schritt mitten auf die Fahrbahn.

Sonntag, April 09, 2006

Die weise Schildkröte

Im Atlantik südwestlich der Bretagne ragt eine einzelne sturmumtobte Felsnadel aus dem Meer. Und auf dieser Nadel saß seit ewigen Zeiten eine riesige, alte und weise Schildkröte. Schon alte Überlieferungen berichten wie sich die bretonischen Druiden mit kleinen Booten auf den beschwerlichen und gefährlichen Weg gemacht haben, um die Schildkröte um Rat zu fragen. Das Wissen um diese Schildkröte wurde in kleinen Kreisen gehütet und als großes Geheimnis weitergereicht.
Über die Jahrhunderte wurden die Ratschläge der Schildkröte immer rätselhafter und schwerer zu deuten - kein Wunder, hatte die Schildkröte ja von der Entwicklung der Welt fast nichts mitbekommen. Nichtdestotrotz hatten sie einen enormen Einfluß auf die Weltgeschichte. Ihre bahnbrechenden Hinweise für Louis Pasteur stammten aus ihrem Wissen über druidische Heilkunde. Charles de Gaulle hatte bei ihr nachfragt, in welches Land er den vor der Nazi-Okkupation fliehen sollte. Und da sie wußte daß jenseits des Ärmelkanals eine Insel liegt in dem ebenfalls keltische Druiden leben empfahl sie ihm dieses Land.
Nun aber kam der Weihnachtsmann zu ihr, um sich Rat zu holen wie er die allgemeine Kommerzialisierung dieses Festes stoppen sollte und dem Wettlauf um die Geschenke Einhalt gebieten könnte. Die Schildkröte freute sich nach über einem Jahr endlich mal wieder Besuch zu bekommen. Der letzte Besuch hatte gesagt er hiesse Morrissey, wäre eine Art Troubadour und suche einen neuen Ort zur Inspiration. Und da nannnte sie ihm Rom - weil es die einzig kulturell bedeutende Stadt abseits von Paris war die sie kannte.
Die Schildkröte war besonders glücklich endlich mal wieder einen Druiden zu sehen, wenn auch einen lustig verkleideten. Sie fragte ihn nach den neuesten Steinkreisen, nach neuen magischen Symbolen - und da erkannte der Weihnachtsmann dass er eine Aufgabe hatte. Er forderte die Schildkröte auf mit ans Festland zu schwimmen um etwas von der neuen Welt mitzubekommen. Erst war die Schildkröte schockiert über den Gedanken. Dann lockte aber die Aussicht zu erfahren was alle ihre Ratschläge bewirkt hatten, wie sie die Welt entscheidend beeinflusst hat. Sie nahm den Weihnachtsmann auf den Rücken und verließ seit über tausend Jahren zum ersten Mal ihren Felsen. Und der Weihnachtsmann sang ihr "You have killed me" vor, eines der wunderbaren Lieder die Steven Patrick Morrissey in Rom geschrieben hat.

Freitag, April 07, 2006

Die Erschaffung der Winkel

Am Anfang hatte Gott die Translation geschaffen. Alles war einfach und klar. Vor, zurück, links, rechts, hoch, runter. Solange alles unendlich war kein Problem. Was interessierte schon was hinter einem lag wenn es ewig nach vorne weitergeht.
Nach der anstrengenden Woche mit der Schaffung der bewohnten Erdscheibe sah Gott daß es irgendwie nicht so ganz klappte: Die ersten Menschen liefen natürlich erstmal geradeaus los. Eva wurde am Rand des Paradies unsicher, lief etwas rückwärts, etwas zur Seite, und nachdem sie schon mehrmals beim Rückwärtslaufen gestolpert war setzte sie sich hin und beklagte ihr Schicksal. Adam dagegen schaltete auf sturr, wollte nicht rückwärts laufen und lief einfach geradeaus in die Wüste hinein.
Gott dachte angestrengt nach was da falsch läuft. Und nach einem Geistesblitz schuf er die Rotation und mit ihr die Winkel. Adam konnte sich umdrehen, lief zurück ins Paradies und traf dort auf eine wieder motivierte Eva - der Rest ist bekannt. Und da die Menschen jetzt auch auf Krümmungen laufen konnten machte er aus der Erdscheibe noch schnell eine Kugel.

Wenn man sich in Mathematik mit Rotationen beschäftigen muß wird es aber ersichtlich dass es sich dabei nicht um ein einfaches klares Konzept wie die Translation handelt sondern um eine schnelle Notlösung um die Entstehung der Menschheit zu ermöglichen

Mittwoch, April 05, 2006

Wolken ziehen vorüber

In einer gerade in den Arthaus-Kinos laufenden Eigenwerbung werden unter der Überschrift 50 Jahre Filmpaare viele kurze Momente aus Filmen der letzten 50 Jahre gezeigt, in denen Paare (meistens Mann und Frau) auftreten. Und die allerletzte Szene zeigt Ilona und Lauri vor ihrem Restaurant. Das hat mich wieder an diesen wunderbaren Film von Aki Kaursimäki erinnert. Für mich einer der herausragenden Filme wie sie es trotz immensen Angebot nur wenige gibt. Er sei damit allen zum Wiederansehen ans Herz gelegt !

Interessanter Weise kommen meine bisherigen diesjährigen Filmfavoriten auch beide aus Skandinavien (Wiedersehen in Dalarma und Dark Horse).

Dienstag, April 04, 2006

Mohnblumen am Frühlingshimmel


Jeden Tag saß Herr Magensdorf auf dem Klappstuhl neben seinem alten Doppeldecker, trank Tee aus seiner Thermoskanne und wartete auf Kunden. Er war schon in Rente, aber er genoß die Geschäftigkeit des kleinen Regionalflughafens, das Plaudern mit den anderen Piloten, und natürlich das Fliegen.
Früher waren Rundflüge beliebt gewesen. Wer wollte nicht die Welt von oben sehen ? Jetzt ersetzten virtuelle Überblicke das Fliegen. Aber die damit verbundenen Gefühle vom Fliegen, das Vibrieren, die Geräusche, der immer begleitende Nervenkitzel - vor dem Computer war es doch egal ob man virtuell fliegt, fährt oder taucht. Sozusagen Fortbewegung light ohne die wesentlichen Bestandteile.
So sinnierte Herr Magensdorf gerne vor sich hin. Heute war aber ein von ihm selbst ausgerufener Freudentag: Seit Jahren hat er keinen Auftrag mehr in seiner Spezialdisziplin erhalten, etwas mit verschiedenfarbigem Rauch in den Himmel zu malen. Das war nun wirklich durch nichts zu ersetzen ! Deswegen hatte er beschlossen heute sein Meisterstück abzuliefern - völlig ohne Auftrag. Und er wußte genau: Das würde bemerkt werden. Wenn zwei Leute in den Himmel schauen ist es typisch Mensch auch nach oben zu sehen - und so würde bald die ganze Innenstadt in den Himmel starren. Auf den Straßen würde es Staus geben, die Menschen würden vergessen was sie eigentlich vor hatten, warum sie es eigentlich so eilig haben.
Er schraubte die Thermoskanne zu, klappte den Stuhl zusammen, stieg in das Cockpit und strich die Vorlage glatt, die er sorgfältig befestigt hatte. Jetzt wird er das Bild die Mohnblumen von Claude Monet an den Frühlingshimmel malen.

Montag, April 03, 2006

Nasi Korrekt


In der Wochenendausgabe der Tageszeitung zwischen Anzeigen für Veranstaltungen diese Werbung: Eine Nasenkorrektur ! Korrektur heißt hier ja nicht dass die Nase bisher falsch war, sondern dass sie nicht einem von wem auch immer definierten Nasen-Ideal entspricht.
Das ist eine erschreckende Vision: Die bisherige Vielfalt von Nasentypen wird durch die Euro-Einheitsnase ersetzt. Die Nase ist bisher ein sehr individuelles Merkmal.
Aber wie sieht das Schönheitsideal für Nasen aus ? Frau Einzelfall könnte sicher eine ausführliche Darstellung über Nasenideale in der europäischen Kunstgeschichte liefern.

Sonntag, April 02, 2006

Die Lange Nacht der Nacht

Lange Nächte haben Konjunktur. Die Lange Nacht der Museen gibt es wohl inzwischen in jeder deutschen Stadt: Menschenmengen quetschen sich durch Sammlungen die sie sonst nie betreten würden, sind hauptsächlich damit beschäftigt den Weg zur Bar oder zur Live-Band zu finden und können dann erzählen dabeigewesen zu sein. Der interessante Teil ist der Zugang zu im allgemeinen nicht öffentlichen Einrichtungen, bei denen es immer wieder ungeahnte Dinge zu entdecken gibt.
Weitere lange Nächte wie die der Literatur, des Sports oder der Musik haben unterschiedlichen Erfolg. Jetzt gibt es auch schon Einkaufsnächte (die Geschäfte haben bis 24 Uhr geöffnet).
Ich würde zum Ausgleich eine Lange Nacht der Nacht begrüßen ! Da die anderen Veranstaltungen die Nacht zum Tage machen würde bei einer Nacht der Nacht dieser Teil des Tages sein Recht zurückgewinnen. Die ganze Straßenbeleuchtung ist abgeschaltet, die Innenstadt für den Verkehr weiträumig abgesperrt. Teilnehmende Kulturinstitutionen, Kneipen, etc. sollen möglichst auf elektrisches Licht verzichten und dem Thema angemessene Angebote machen. Attraktionen wie Beobachtung des Sternenhimmels (der wäre dann in der Stadt zu sehen), nachtaktive Tiere (Ratten, Fledermäuse, ..) würden zur Stimmung beitragen.
Natürlich würde die sich einstellende Menschenflut dem Konzept dann eher widersprechen. Also vielleicht doch lieber die persönliche Nacht der Nacht im Wald !