Donnerstag, August 31, 2006

Kleines Blogpäusle bis 3.9.

Ein verlängertes Wochenende inclusive ritueller Mozartanbetung ist geplant.

Kühle Stars - jetzt auf ihrem Filmfest

Der rote Teppich ist ausgerollt, die Presse hat die Kameras gezückt, viele Schaulustige haben sich versammelt um einen Blick auf die Stars zu erhaschen. Zur Premiere von "Rendezvous am Kühlschrank" haben sich die Hauptdarsteller angesagt, nicht besonders talentierte aber wegen ihres Aussehens um so beliebtere Schauspieler.
Ein Kombi mit verdunkelten Scheiben rollt an. Scheinwerfer werden angeschaltet, Mikrofone gezückt. Ein Kreischen erhebt sich, vor allem der Vorname des männlichen Darstellers wird in gefährlich hohen Frequenzen geschrien.
Zwei Männer in Arbeitskleidung steigen aus, öffnen die Heckklappe, ziehen eine Sackkarre hinaus, danach einen Kühlschrank und stellen ihn auf das Transportgerät. Nach einer kurzen erschreckten Stille geht das Toben wieder los. Da kommt der dritte Hauptdarsteller, der titelgebende Kühlschrank ! Alle sind begeistert.
Die zwei Männer fahren den Kühlschrank über den roten Teppich hinein und stellen ihn hinter der Bar ab. "War doch viel einfacher als durch den Hintereingang" meint der eine während er ihn anschliesst. "Wurde auch Zeit" grummelt ein weiss gekleideter Ober und beginnt gleich den Kühlschrank zu füllen.
"Wahnsinn, die haben mich wirklich für Rodolfo 'Bosch' Amundsen gehalten" summt der Kühlschrank hoch zufrieden.

Mittwoch, August 30, 2006

Super-Jochen wacht: Köln kann beruhigt schlafen

Jeden Abend waren die gleichen Fenster in dem Bürogebäude am Barbarossaplatz erleuchtet. Ab und zu war ein Mann im Anzug zu erkennen, der an das Fenster tritt und gedankenschwer aber überheblich hinausblickt.
Als Jochen Marmotte nach einer durchfeierten Nacht kurz vor Sonnenaufgang am Sonntag auf die erste Straßenbahn wartet und die Bürofenster wieder bedrohlich über die Stadt strahlen wird im klar: Da muß ein verrücktes Genie am Werke sein, das die Übernahme der Weltherrschaft plant. Was soll er da unternehmen ?
Er spricht eine Gruppe von Jugendlichen an, die mit ihm auf dem Bahnsteig warten. Die brechen aber nur in begeistertes Gelächter aus. Was soll er jetzt machen ? Die Polizei alarmieren ? Aber bringt er sich da nicht selber in Gefahr, wird sich der Wahnsinnige nicht an ihm rächen ? Vielleicht muß er einfach mehr Leute informieren, ein Mutiger wird dann schon einen Weg finden.
Am übernächsten Abend, auf dem Heimweg von der Arbeit versucht er es wieder. "Witzige Idee" lobt ihn einer, andere entfernen sich schnell ein paar Meter und sehen ihn an als ob er der gefährliche Bösewicht wäre. Jochen Marmotte läßt sich nicht beirren. Und zwei Wochen später, nach intensiver Aufklärungsarbeit sind die Fenster abends dunkel. Und bleiben es die nächsten Wochen auch. Er ist glücklich. Offensichtlich hat das Genie mitbekommen dass sein Plan nicht mehr geheim ist, und hat das Unterfangen abgebrochen.
Jochen Marmotte hat die Welt gerettet. Aber er muss wachsam bleiben - ein echter Erzschurke gibt nicht so schnell auf.

Madsen: "..dann hab ich's allen erzählt und wurde ausgelacht, doch das stört mich nicht. Denn ich weiß, heute muss ich etwas Gutes tun. Ich mach die Augen zu und nehme all meine Wut. Hier kommt ein ganz normaler Held: Ich rette die Welt" aus "Ich rette die Welt" von der aktuellen CD "Goddbye Logik"

Montag, August 28, 2006

Banges Warten auf den Rächer, den Hügelmann Rächer

Da, was kommt da hinten angefahren ? Günther Heisel fängt an zu zittern, seine Gesichtsfarbe ändert sich. Ist er endlich am Ziel angelangt ?
Günther Heisel ist Carspotter. Er sitzt an Wochenenden, aber oft auch zur Entspannung mal abends auf Autobahnbrücken, an Hauptverkehrsstrassen oder anderen geeignet erscheinenden Orten und schaut sich die vorbeifahrenden Autos an. Er hat sich aber spezialisiert. Er weiß gar nicht mehr warum es so gekommen ist. Er hat auf alle Fälle nach einer ersten durchschnittlichen Carspotter-Karriere mit riesigen Listen gesichteter Fahrzeugtypen an einem feuchtfröhlichen Abend mit Carspotter-Freunden beschlossen nun nur noch nach Hillman Avenger Ausschau zu halten. Dieses Auto fiel ihm spontan ein, Erinnerung an einen Urlaub.
Und nun ist er seit 10 Jahren spezialisiert, und hat noch keinen Hillman Avenger gesehen. Ist doch nicht verwunderlich sagen seine Freunde, wurde der überhaupt in Deutschland verkauft ? Und der ist doch schon ein Oldtimer. Aber er hat sich dieses Ziel gesetzt, und keiner der sich über viele verschiedene Autos freut kann nachvollziehen was diese Suche inzwischen für ihn bedeutet.
Und da kommt das Auto näher, es sieht schon sehr ähnlich aus, nein, kein Avenger. Er atmet tief durch, schließt die Augen und konzentriert sich. Ganz kurz stand die Leere vor seinen Augen, das Nichts nach dem Erreichen des letzten Ziels. Aber jetzt kann er weiter suchen. Alles ist gleich geblieben, alles hat noch seinen Sinn.

Samstag, August 26, 2006

Nachtmusik und Nachtphantasie

Das alteingesessene Spielwarengeschäft in der Fußgängerzone zeigt in seiner Auslage aktuelles Plastikspielzeug. Auch jetzt, Freitag nacht, sind die Schaufenster hell erleuchtet. Nicolas ist auf dem Heimweg nach einer durchschnittlichen Clubnacht, da glaubt er Weihnachtslieder zu hören. Er konzentriert sich: Nein, dass ist kein Ohrensausen, das Nachschwingen der Minimal House Sequenzen, aus Richtung des Spielwarengeschäfts klingt eindeutig mehrstimmiges Weihnachtsliedgut.
Jetzt spinnen die ja völlig denkt sich der erschöpfte Nachtmensch, die Adventszeit im Augsut beginnen zu lassen. Plötzlich bricht das Lied ab, es klingt nach eines Diskussion. Ist das keine Weihnachtsbeschallung, singt da jemand ? Er geht näher zum erleuchteten Kinderparadies und versucht durch die Ladentür zu sehen. Da wird "vom Himmel hoch" angestimmt, mit dezenter Klavierbegleitung. Nicolas kann nur dunkle Schemen ausmachen, glaubt Bewegungen zu erahnen.
Er will schon anklopfen, aber dann hat er die Befürchtung dass vielleicht doch kein Steiff.Teddy oder Sigikid Pinguin öffnen und ihn willkommen heissen würde. Manche Dinge sind einfach schöner wenn man sie nicht zu erklären versucht sondern in der Phantasie beläßt.
Er steckt die Hände in die Jackentaschen und geht weiter, fröhlich "ich steh an deiner Krippe" pfeifend.

Freitag, August 25, 2006

Nachtmomente

Ich wache mitten in der Nacht auf. Es ist noch dunkel. Langsam schalten sich die Sinne ein, erste Wahrnehmungen werden empfangen. Es rauscht und plätschert. Schon wieder schlechtes Wetter. Vom Bett aus schaue ich durchs Fenster. Vereinzelte gold'ne Sterne prangen am hellen und klaren Himmel. Die Gedanken fangen langsam an sich aus ihrer wohligen Unbeweglichkeit zu schälen. Also kein Regen. Langsam schiebe ich mich an den Bettrand, vorsichtig richte ich mich auf, stehe schließlich auf den Füßen und trete an das Fenster. Ich sehe die Zeit an den Fassaden herunterlaufen, über die Gehwege strömen, sich in den Rinnsteinen sammeln und schließlich in der Tiefe verschwinden. Ein stetiger Strom, nicht versiegend und nie innehaltend. Luftschlösser unterspülend und Pläne abwaschend. Ich öffne das Fenster und strecke den Kopf hinaus. Es fühlt sich befreiend an. Mein Herz wird leicht, ich freue mich auf den Morgen.

Donnerstag, August 24, 2006

Die EU-Wohlfühlminister warnen: Mithören schadet der Entspannung

"Und iss etwas vernünftiges. Und Du weißt: Immer genug trinken."
Herr Streibelmeier ist genervt. Er hat einen anstrengenden Tag hinter sich, ein Besuch in der Firmenzentrale. Jetzt, auf der Heimfahrt mit dem ICE, wollte er sich entspannen, träumen, lesen. Und nun telefoniert die Frau neben ihm so penetrant.
"Laß Dich doch nicht immer so von Leo ärgern. Ignorier ihn."
Muß man seine Kinder vom Großraumwagen aus erziehen ?
"Und Geduld. Um 22 Uhr kommt die Kathie vorbei und geht mit Dir spazieren."
Was ist denn das für eine Erziehung ?
"Nein, natürlich streichle ich niemand anderen !"
"Entschuldigen Sie" mischte sich nun Herr Streibelmeier gereizt ein, "aber können Sie Ihre bizarre Kindererziehung bitte woanders abhalten ? Sonst muß ich mich wirklich noch einmischen."
"Was erlauben Sie sich" erwidert die Mitreisende.
"Ein Kind um 22 Uhr auf die Straße zu schicken. Ich werde das dem Jugendamt melden" kommt Herr Streibelmeier in Fahrt.
"Dem Jugendamt ? Darcy, ich muß aufhören, mein Sitznachbar..." Die Frau packt das Handy in die Handtasche und schaut ihrem Nachbarn tief in die Augen. "Sie denken ich telefoniere mit meinem Kind ?" Sie lacht hell auf. "Gestatten Sie, Vanderhof. Ich telefoniere mit meinem Hund."
"Angenehm, Streibelmeier. Äh - was ?" Herr Streibelmeier vergißt kurz seine guten Manieren als er realisiert was seine Mitreisende Professor Mechthild Vanderhof, Spezialistin für Zoologopädie gesagt hat.
"Ich sagte ich telefoniere nur mit meinem Hund."
"Ach, es beruhigt ihn Ihre Stimme zu hören."
"Nein, ich telefoniere mit ihm."
"Sie behaupten der Hund versteht Sie ?"
"Das weiß doch jeder Hundebesitzer daß sein Hund ihn versteht. Meiner antwortet auch. Das ist mein Forschungsprojekt. Hunden das sprechen beizubringen."
Her Streibelmeyer fängt an zu lachen. Diese Heimfahrt verspricht doch nett und entspannend zu werden. Seine Nachbarin ist viel sympathischer als er am Anfang gedacht hat.
Und auch Professor Vanderhof freut sich. Sie beschäftigt sich zwar mit der Entschlüsselung der Sprache von Tieren, aber natürlich können Hunde nicht die humanoider Sprache benutzen. Aber mit ihrem Handytrick gelingt es ihr immer wieder auf langweiligen Bahnfahrten Mitfahrer aus der Reserve zu locken.

Mittwoch, August 23, 2006

Der Completator

Der Renter Walther Häberlein war der Prototyp eines schwäbischen Tüftlers. Im ehemaligen Hobbyraum des Reihenhauses in der Siedlung aus den sechziger Jahren suchte er immer noch nach pfiffigen Lösungen für alltägliche Probleme. Und nun hielt er ihn in der Hand. Den Completator. Das Ergebnis von zehn Jahren harter Arbeit, zu Beginn seiner Frührente angefangen um seiner Frau im Haus nicht zu sehr in die Quere zu kommen.
Er richtete das taschenlampengroße Gerät auf einen Legostein und drückte. Ein gleißender Lichtstrahl, Zuckungen des Raum-Zeit-Kontinuums, ein durchschneidendes Geräusch und auf der Arbeitsplatte stand eine ganze Legostadt. Dort eine Ameise auf dem Boden - zzzwöschwischl - ein großer Ameisenhaufen. Herr Häberle strahlte. Der Completator arbeitete ja umwerfend. Keine einfache Vervielfachung, sondern aus dem Einzelnen die ganze Einheit erschaffen.
Er läuft die Kellertreppe hoch. Zzzwöschwischl - aus dem Goldfischglas wurde ein riesiges Aquarium voller tropischer Fische. Raus auf die Straße. Ein singendes Kind - zzzwöschwischl - ein ganzer Kinderchor mit Dirigent. Ein Blatt weht im Wind - zzzwöschwischl - ein ganzer Wald schwebt über der Siedlung...
Es konnte nie geklärt werden auf welche Weise die Wohnsiedlung unter entwurzelten Bäumen begraben wurde. Es wird angenommen dass ein Tornado einen kleinen Wald mitgenommen und auf die Siedlung geschleudert hat, auch wenn es keine entsprechenden Wetteraufzeichnungen oder Augenzeugenberichte gibt. Und auch die Herkunft des von den Bäumen erschlagenen Kinderchors konnte nie geklärt werden.

Dienstag, August 22, 2006

Jeder sucht sein Roadmovie

"Einfach in das Auto setzen und losfahren. Durch beeindruckende Landschaften rollen, einsam in der überwältigenden Natur. Dann in einem kleinen pittoresken Ort ankommen. Etwas finden. Bleiben oder es zurück mitnehmen. In den Filmen klappt das immer so gut" beklagt sich Jasmin bei ihrer besten Freundin Konstanze, "aber ich habe schon mal kein Auto, und die nächste außergewöhnliche Landschaft ist auch viel zu weit weg".
"Wenn Du so anfängst wird es natürlich nie etwas. Ich habe übrigens gerade einen Film gesehen in dem sie zuerst mit dem Zug fahren..."
"Du machst es Dir immer zu einfach" fällt ihr Jasmin ins Wort. "Aber vielleicht geht es Dir deshalb auch so gut. Aber ich bin nicht Du !"
Konstanze gesteht sich ein dass sie mit allem mehr Glück hat als Jasmin - Männer, Job, Karma - aber das Glück kommt nicht von alleine, zumindest in ihrer mühsam erarbeiteten Philosophie. "Also dann helfe ich Dir. Das allerwichtigste: Nicht lange nachdenken. Also nimm die nächsten Tage frei, packe den Rucksack und ich hole Dich morgen früh ab". Jasmin stimmt überrumpelt zu, obwohl ihr solche spontanen Dinge wenig liegen. Am nächsten morgen ist Konstanze pünktlich da und fährt sie zum Bahnhof: "Hier die Fahrkarte und die Zugverbindung nach Kappeln". "Kappeln ?" Jasmin hatte sich überlegt was Konstanze wohl plant, vielleicht einen Last-Minute Flug nach Asien, aber eine Zugfahrt nach Norddeutschland ? Aber schon während der langen Zugfahrt überkommt sie das Gefühl in ihrem eigenen Roadmovie angekommen zu sein, man muß nur mal die Mitreisenden genauer beobachten. Am Nachmittag im Bummelzug nach Kappeln fühlt sie sich dann wie im Wilden Westen, wenn der Zug mitten in der freien Landschaft hält. Und als sie in Kappeln auf der Suche nach einer Unterkunft durch das Städtchen schlendert und dann die Fischer an der Schlei beobachtet, die ihren Fang ausladen, spürt sie das hier etwas zu finden ist. Etwas das in ihr selbst versteckt ist. Dank Konstanze hat endlich ihr eigenes Roadmovie begonnen.

Montag, August 21, 2006

Die drei Berufungen des Herrn Braunmiller

Privatdetektiv F.X. Braunmiller sitzt auf der Parkbank, den Photoapparat mit dem Teleobjektiv über die Beine gelegt und genießt den Sommerabend. Ein Schluck aus der Eistee-Flasche und der Blick in Richtung des Paares: Nichts, die beiden sind noch nicht wesentlich weiter gekommen.
Der Blick hoch zum Himmel: Der Fischreiher den er die letzten Tage gesehen hatte ließ sich noch nicht blicken. Aber er benötigt noch eine schöne Flugaufnahme. Den F.X. Braunmiller hat sich einen Namen gemacht: Nicht als Detektiv spezialisiert auf untreue Ehepartner, sondern als Tierphotograph für urbane Lebensräume. So nutzt er die Wartezeiten zu einer entspannenden und zusätzliches Einkommen bringenden Tätigkeit. Und auf den ph-s in seiner Berufsbezeichnung besteht er - wer ihn Fotograf nennt bekommt keine Photos von ihm.
Da, etwas geschieht ! Braunmiller reißt die Kamera hoch. Zu der untreuen Frau, die er lauf Auftrag beschatten soll, und ihrem ebenfalls verheirateten Liebhaber ist die Tochter der Frau dazugekommen. Sie schreit die beiden an, schlägt nach ihrer Mutter und fällt dem Mann um den Hals, und diese beginnen sich leidenschaftlich zu küssen.
F.X. Braunmiller ist begeistert. Eine unerwartete Wendung ! Das wird den betrogenen Ehemann und Vater interessieren. Und das Drehbuch für die neue Staffel von "Liebe auf Umwegen" das er gerade schreibt bekommt dadurch auch eine neue Wendung. Damit wird er seinen Ruf als der kommende Starautor für die typischen Herz-Schmerz-Liebe-Katastrophen Soaps festigen.
Der Detektiv, Tierphotograph und Drehbuchautor schmunzelt. Die Kritiken werden wieder schreiben dass alles so furchtbar unrealistisch sei. Und dabei war nichts erfunden.

Donnerstag, August 17, 2006

Bedrohte Tierarten (3): Neuguineaspatz (vulgo Freizeichenspatz)

Neuguineaspatzen gehören wie ihr Name richtig andeutet zur Familie der Spatzen. Sie sind unauffällige kleine Vögel die in den höhergelegenen, offenen Landschaften von Neuguinea leben. Sie sind Kulturfolger und meistens in der Nähe von Besiedlungen zu finden. Die Neuguineaspatzen ziehen durch drei Eigenschaften die Aufmerksamkeit auf sich: Ihre Langlebigkeit (10 Jahre sind keine Seltenheit), ihren speziellen Lockruf und ihre gute Dressierbarkeit. Diese Eigenschaften wurden dieser Tierart fast zum Verhängnis: Während der deutschen Kolonialzeit kam der Kommunikationsingenieur Dobel auf die Idee einen Spatzen als Signalgeber ind der Telefonzentrale einzusetzen. Mit etwas praktischer Bastelarbeit und regelmäßiger Dressug konnte er das geniale Prinzip verwirklichen: Wurde durch eine Lampe ein getätigter Anruf angezeigt, begann der Spatz seinen gleichmäßigen Lockruf zu singen. Zeigte eine zweite Lampe an dass der gewünschte Anschluß nicht zur Verfügung stand sang der Vogel im schnelleren Tempo.Die Idee verbreitete sich schnell und die Vögel wurden zu tausenden gefangen und in deutschen Telefonzentralen eigesetzt. So bekam der Vogel auch seinen populären Namen Freizeichenspatz.
Da die Zucht in Gefangenschaft selten gelingt wurden bis in die neunziger Jahre diese Vögel in großen Mengen aus Madagaskar eingeführt.Erst seit der Digitalisierung der Telefonvermittlung und der gleichzeitigen Ersetzung der Spatzen durch eine digitale Aufnahme ihres Gesangs erholt sich der stark reduzierte Bestand auf Neuguinea langsam. Auch in Deutschland ist in Großstädten ein kleiner Bestand zu finden, der sich aus von Telefonzentralen entwichenen Tieren weiterentwickelt hat.

Mittwoch, August 16, 2006

Die Dresdner Puppen

Der Puppenspieler ist fast immer in der Fußgängerzone von Dresden anzutreffen. Er stellt morgens seine kleine Pappbühne an den Rand der zu erwartenden Passantenströme und beginnt zu spielen.
Leute bleiben stehen, schauen zu, und gehen meistens bald wieder weiter, weil sie das Geschehen langweilt. Wenn da zum Beispiel ein Paar auf der Bühne eine langwierige Diskussion über die Bedeutung des Künstlerehepaars Björk und Matthew Barney führt. Einige wenige bleiben aber gefesselt stehen und merken erst viel später wieviel Zeit vegangen ist. Und werden schließlich zu Stammgästen wenn sie feststellen dass sich da ja zwei Leben vor ihren Augen abspielen. Dass immer das selbe Paar auf der Bühne steht, offensichtlich aus kulturell interessierten und gebildeten Kreisen, ohne Geldsorgen oder Pflichten. Das Themen nach Wochen wiederauftauchen und weiter diskutiert werden.
Für ein besonderes Erlebnis warten die treuen Fans gerne Stunden: Wenn Amanda - so der Name der weiblichen Figur - anfängt zu singen während Brian - die männliche Figur - dazu den Takt schlägt.
Irgendwann nach Ladenschluss packt der ziemlich heruntergekommen aussehende Puppenspieler zusammen und zieht sein Wägelchen Richtung Heilsarmee, wo er seit Jahren ein Bett im Männer-Schlafraum belegt hat. Er denkt über sein eigenes Leben nicht mehr nach. Denn tagsüber lebt er immer zwei großartige.

Mein aktueller CD-Tipp: The Dresden Dolls - Yes, Viginia...

Dienstag, August 15, 2006

Das schlechte Plus ist äußerst positiv

Gestern spät abends "Stromberg" auf Pro7 geschaut. Ich weiß, die Serie gibt es schon ewig, aber ich schaue viel zu wenig Fernsehen...
Die Titelmusik. Das klingt doch wie... Im weitgewebten aber engmaschigen Netz nach der Bestätigung gefischt: Tatsächlich, The Bad Plus !
Ab und zu hat gute Musik doch ein Chance.

Throwing Pooh-Sticks

Die famose Frau Einzelfall hat mir ein Pu-Stöckchen zugeworfen. Da mache ich mich doch gleich an die Beantwortung der Fragen:

Warum bloggst Du?
Als sich eine befreundete Person als Blogger geoutet hatte wollte ich es einfach auch mal probieren. Und ich habe festgestellt dass mir das Verfassen von Texten sehr viel Spaß macht, wenn sie nicht ungelesen in einem Block landen sondern öffentlich in einem Blog stehen.

Seit wann bloggst Du?
Erst seit November 2005.

Selbstportrait?
Mit Malen habe ich es nicht, aber wer mich sehen will kann hier hin kommen:

Dies soll nur auf den genialen Eintrittskarten-Generator hinweisen den ich bei Lisa Neun gefunden habe.

Warum lesen deine Leser Deinen Blog?
Das wüsste wohl jeder Autor gerne. Ich denke sie empfinden das Lesen der Beiträge nicht als völlige Zeitverschwendung.

Welche war die letzte Suchanfrage, über die jemand auf Deine Seite kam?
wiglag droste the köln concert
Das ist wirklich interessant nach was Leute so suchen ! Weitere Beispiele die auf diesen Blog führten:
mohnblumen malen
lange geflochtene zoepfe
schlesischer mohnstrudel
Das freut den Autor natürlich außerordentlich.

Welcher Deiner Blogeinträge bekam zu Unrecht zu wenig Aufmerksamkeit?
Da ich nicht weiß welche Einträge wie intensiv gelesen werden hoffe ich dass jeder die Aufmerksamkeit erhält die er verdient (und das heißt manchmal auch keine)...

Dein aktueller Lieblings-Blog?.
Der mir Stöckchen zugeworfen und auch schon einmal die Magie von Pooh`s Country beschworen habende Blog.

An welche vier Blogs wirfst du das Stöckchen weiter und warum?
Wer immer sich ein Stöckchen aus dem Bach fischen mag ist herzlich eingeladen.

Deine Lieblingsband?
Das sind bei mir drei: The Cure, The Go-Betweens und The Smiths. Inclusive der jeweiligen Solo-Platten von Morrissey, Grant McLennan und Robert Forster. Drei Bands die in meinem Musikgeschmack bei sonstigem steten Wechsel immer vorne standen.

Deine Lieblingsfarbe?
Blau - wie das Meer oder der Himmel.

Montag, August 14, 2006

Es war einmal Charlene

Die Prinzessin sitzt auf dem gemauerten Rand des Brunnens im Burghof und kämmt ihr güldenes Haar mir einem Perlmuttkamm. Eine Szene wie in einem Märchen, aber schließlich handelt es sich auch um ein Märchen. Und wie in vielen Märchen ist der Ort nur als die Burg bekannt, obwohl er den schönen Namen Falkenzell besitzt, und auch die Prinzessin hat einen Namen: Charlene. Sie mag ihn überhaupt nicht und ist daher froh nur Prinzessin genannt zu werden.
Charlene hadert mir ihrem Schicksal. Sie ist zur Passivität verdammt, soll warten bis ein Frosch oder Prinz auftaucht, sie von einem Drachen oder Vogel geraubt wird, Probleme mit ihren Eltern oder Schwierigkeiten mit Feen oder Hexen bekommt. Jetzt sitzt sie in dem altmodischen und unpraktischen aber wunderschön anzusehenden blaßblauen Kleid in seit ihrer Kindheit geübten Prinzessinenpose da - und das soll ihr genügen ?
Mit dem Abitur in der Tasche ist sie bereit für die große Welt, sie will Modedesign studieren. Und da gibt es noch ihren Prinzen, der in die ferne Hafenstadt Hamburg ziehen wird, und von dem sie ihren Eltern noch nicht erzählt hat. Denn er ist zwar ihr Prinz, aber nicht adlig.
"Was sitzt Du da so traurig ?" säuselt eine Stimme.
Charlene zuckt zusammen. Mit den ganzen verzauberten Tieren und Dingen weiss man nie ob man wirklich alleine ist. Neben ihr auf dem Rand des Brunnen sitzt ein Siebenschläfer und schaut sie mitfühlend an.
"Ich will nicht mein Leben lang Märchenprinzessin sein. Ich will studieren, und zwar in Hamburg wo auch mein Freund sein Studium beginnen wird. Aber meine Eltern lassen dass nie zu. Und in Märchen kann man nicht ungestraft gegen seine Eltern rebellieren !"
Der Siebenschläfer strahlt sie an: "Nichts leichter als das ! Es kommt immer nur auf die Verpackung an. Ich schlage folgendes vor..."
Und nach dem Abendessen bekommt Charlene die begeisterte Erlaubnis von ihren Eltern sich in der Hafenstadt in das höfische Leben zu mischen, um dort eine größere Auswahl an Prinzen aus allen Herren Ländern zu haben. Und ihr Vorschlag sich nebenbei selber etwas um ihre Kleidung zu kümmern, vielleicht auch mal selber ein Kleid zu nähen begeistert ihre Mutter, die sich immer Sorgen um ihre Tochter gemacht hat, weil diese immer darauf bestanden hat in Hosen zur Schule zu gehen.

Sonntag, August 13, 2006

Aus Autos, nicht aus Händen lesen

Er hat den Beruf nie gemocht. Die Leute verachtet die ihn ausüben. Und jetzt war er selber auf den Straßen unterwegs um Parksünder aufzuspüren.
Gut, er war an der frischen Luft, bewegte sich und tat etwas für die mageren Finanzen der Stadt. Aber die unangenehmen Begegnungen mit Autobesitzern konnten einem schon den Tag verderben. Und immer nur Strafzettel ausfüllen ließ doch eine gewisse Leere in ihm zurück.
Daher schrieb er seit einem Jahr nun alles mögliche mitteilenswertes auf die offiziellen Formulare: Ihr Auto hat eine schöne Farbe. Mir gefällt der Wackeldackel. Entfernen Sie die gräßlichen Sitzbezüge ! Schämen Sie sich für die CDs auf der Hutablage.
Und da stand wieder der rote Mini korrekt geparkt - ein echter Mini und kein bayerisches Imitat. Jetzt war seine Geduld am Ende.
Er zückte den Block und schrieb: Ich weiß sehr viel über Sie. Alles was mir ihr Auto in den letzten Wochen über Sie verraten hat, Sie wissen schon. Einkaufszettel, Kleidung, Briefe... Daher kann ich Ihnen jetzt sagen: Der Mini passt nicht zu Ihnen ! Sie sind ein typischer Opel Corsa - Typ, angepaßt, immer mit der Mode gehend. Versuchen Sie nicht sich mit einem Auto interessant zu machen.
Zufrieden klemmte er das Formular unter den Schgeibenwischer. Seitdem das Ausfüllen von Strafzetteln nur noch eine Nebensache in seiner Arbeitszeit war machte ihm die Arbeit richtig Spass.

Freitag, August 11, 2006

Le Café de la Gare

Ein Provinzbahnhof in Südfrankreich. Nein, kein malerisches bunt angemaltes Häuschen mit grünen Fensterläden und Blumenschmuck, kein einzelnes Gleis das sich bis zum Horizont durch grüne Wiesen schlängelt, keine Frauen mit vollbepackten Taschen aus denen das frische Gemüse und auch mal der Kopf einer Gans vom Markt ragt.
Sondern ein langes graues, ebenerdiges Gebäude, davor vier Gleise, dazwischen staubige Bahnsteige aus abgenutztem Beton. Zwischen dem Gebäude und Gleis 1 Plastiktische und Stühle. Ein etwas verwegen aussehender Mann nähert sich und ruft in die Tür "einen Pastis, werter Freund !". Dann setzt er sich in einen der Stühle, streckt die Beine in der abgenutzten Jeans aus, streicht sich über den Dreitagesbart und rückt die Sonnenbrille zurecht. Aus der Entfernung wirkt er wie eine jüngere Version von Johnny Halliday, aber aus der Nähe fällt der zerbrechlich wirkende Körper und das sehr breite Lächeln auf, das bei vielen Gelegenheiten erscheint wie eine Sonne, die immer wieder zwischen den Wolken aufblitzt. Kurz darauf erscheint der Wirt, ein Mann in den Fünfzigern mit ausladendem Bauch, wirrer Frisur mit schulterlangen grauen Haaren und stellt mit einem "auf Dein Wohl, Marc" den Pastis vor den Kunden.
"Sie wird nicht kommen" fügt er hinzu, "und der nächste Zug kommt auch erst in 2 Stunden, heute ist Freitag".
"Das weiss ich natürlich, aber hier kann ich besser nachdenken. Hast Du etwas neues für mich ?"
Der Wirt verschwindet kurz in der Tür und kommt mit einem zerfetzten Notizbuch zurück. "Morgen sind die Perseiden zu sehen, die Sternschnuppen. Das hat mich inspiriert."
Er räuspert sich und beginnt sein neuestes Werk vorzutragen, ein ergreifendes Gedicht über Liebe, Verlust - und Sternschnuppen.
Der Gast blickt die Schienen entlang Richtung Großstadt und spürt dass er noch viele Stunden hier sitzen und warten wird, und dass es doch vergebens bleiben wird.

Mittwoch, August 02, 2006

Sommerpause bis 10. August

Ich bin nochmal im Sommerurlaub - ob verdient sei dem Leser zur individuellen Beurteilung überlassen. Das Foto stammt übrigens von meiner vorletzten Blogpause.

L'art de la conversation

Auf der Strandpromenade von Nizza, dem Promenade des Anglais.
"Guten Tag Herr Grönemeyer. Welche Überraschung Sie in Nizza zu treffen."
"Sie verwechseln mich ! Ich bin Herr Turnhuber, und ich kenne Sie nicht."
"Jaja, einen interessanten Namen haben Sie sich hier gewählt. Lassen Sie sich hier inspirieren ?"
"Ja, das ist ein wunderbarer Ort für neue Einflüsse. Aber wie kommen Sie darauf wo wir uns doch gar nicht kennen ?"
"Ich kenne Sie nicht persönlich. Aber Sie sind mir bekannt."
"Dann kennen Sie also meine Kreationen ?"
"Wer in Deutschland kennt die nicht !"
"Jetzt übertreiben Sie nicht so. In Köln-Nippes kennen mich schon sehr viele. Bis Düsseldorf oder Bonn gibt es sogar auch noch einige."
"Eine sympathische Art der Untertreibung ! Aber jetzt zur Sache: Ihr neues Album läßt ja schon länger auf sich warten, und da kann ein Ortswechsel Wunder bewirken."
"Also mir reichen die Briefmarkenalben aus meiner Jugend, ich brauche kein neues."
"Ja, Scherzchen gemacht. Sie wollen also nichts zu ihrem neuen Werken sagen, Herr Grönemeyer ?"
"Turnhuber. Warum nicht ? Sie werden etwas leichter, an der Oberfläche aber rauher und mit etwas orientalischem Anklang."
"Das klingt ja spannend ! Und was hat das genau mit Nizza zu tun ?"
"Das liegt doch auf der Hand ! Ich gehe durch die Gassen und suche Inspirationen bei den hiesigen Kollegen."
"Herr Grö.. entschuldigung, Herr..."
"Turnhuber."
"Achja. Werden dann auch französische Musiker mitwirken ?"
"Musiker ?"
"Oder Sänger ?"
"Was haben Sie denn für eine Vorstellung von meiner Arbeit !"
"Anderes Thema: Die Fußball-Hymne. Für Sie als begeisterten Fußball-Fan..."
"Ich hasse Fußball ! Und auch die doofen Gesänge."
"Dann war das ironisch gemeint ?"
"Fußballtaschen mit Apfelfüllung muß ironisch sein !"
"Herr ... Turnhuber, Sie sprechen schon etwas in Rätseln. Sind Sie vielleicht noch etwas unter, naja, Einfluß gewisser Substanzen ?"
"Also, das Gespräch mit ihnen war seltsam, hatte aber einen Unterhaltungswert, und so etwas macht man im Urlaub ja gerne mal mit. Aber ich nehme keine Drogen, das geht zu weit."
Damit dreht sich Herr Turnhuber ab und schlendert weiter am Meer entlang.
Der Reporter ist glücklich. Das gibt einen tollen Artikel in der Bunten. Grönemeyer unter Drogen, er gesteht dass er die Fußball-Single nur zum Geldverdienen gemacht hat, und plant ein Album mit orientalischen Einflüssen !
Herr Turnhuber wundert sich nur. Da erkennt ihn offensichtlich einer der Kunden seiner Konditorei, er erzählt ihm von seinen Inspirationen für neues Gebäck, aber der Kunde driftet immer in seltsame Aussagen ab. Hat der nicht etwas von Drogen gesagt ? Das erklärt es.