Freitag, Dezember 22, 2006

Glückselige Pause bis Anfang Januar

Im Buch "Selige Zeiten, brüchige Welt" von Robert Menasse finden sich folgende Zeilen:
Das grenzenlose Glück und der grenzenlose Schmerz entziehen sich jeder Beschreibung. Darum war die Literatur voll von Beschreibungen der Liebe. Weil Menschen, die die Liebe nicht kennen, sie herbeischreiben wollen. Jeder der liebte, ist augenblicklich verstummt.
Die derzeitige Schweigephase dieses Blogs ist damit erklärt. Ich gebe aber der Figur Judith in diesem Roman von Robert Menasse nicht ganz recht. Ab Januar wird ein neuer Anfang gewagt.

Ich wünsche Ihnen/Dir, werter Leser oder werte Leserin, Fröhliche Weihnachten und einen Guten Rutsch ins Jahr 2007.

Donnerstag, Dezember 07, 2006

Our Hopes and Expectations (Muse: Starlight)

Freitag. Er starrt verzaubert in seinen Terminkalender, die aktuelle Woche aufgeschlagen vor sich liegend. Der Termin ist nicht eingetragen, er ist aber in den Lauf der Zeit eingebrannt.
Er blickt auf den Wandkalender. Für Dezember natürlich ein winterlich wirkendes Motiv, Polarlicht über dem Nordkap. Viel stärker scheint ihm aber der wichtigste der einundreissig durchnummerierten Tage zu leuchten, das Zimmer in ein strahlendes Licht zu tauchen, ein direkt spürbares Licht, wie ein Strom kleiner glitzender Perlen.
Aber auch ohne Kalender, auch im Freien spürt er die Zeit die ihn vom fixierten Moment trennt, eine Erwartung in Millisekunden, eine Spannung die ansteigt, eine Sehnsucht die mit der Verkürzung der Wartezeit ins Unermessliche steigt.
Die Hände in den Jackentaschen vergraben schlendert er etwas ziellos durch das Stadtviertel. Obwohl er ein Ziel vor Augen hat. Fühlt sich an wie

Mittwoch, Dezember 06, 2006

Schwarzer Nachtvogel im Advent

Ein typischer Dezemberabend. Ein Gefühl wie in tiefster Nacht, auch wenn es erst am frühen Abend ist. Die Fußgängerzone ist voller Einkäufer, die Fassaden der Kaufhäuser wetteifern im Blinken und Strahlen, in den Schaufenstern buhlen wunderschöne und oft unbenötigte Produkte um die Gunst der Einkäufer. Auf dem großen Platz wird von den Holzbuden erste Weihnachtsstimmung angeregt, viele Menschen schieben sich durch die Gänge der Weihnachtsmarkts oder stehen an den Glühweinständen, einen dampfenden Becher in der Hand.
Auf einem kahlen Baum am Rande der Platzes, von dem hellen Weihnachtsschein nicht erreicht, sitzt ein Mann mit schwarzem Mantel in Hockstellung. Mit den zwei nach hinten fallenden langen Mantelschößen und dem nach oben gereckten Kopf wirkt er aus der Entfernung wie ein riesiger schwarzer Vogel.
Eine Gruppe von Mitarbeitern des Vermessungsamtes, die sich nach der Arbeit am Glühweinstand versammelt haben, entdecken die Gestalt im Baum und beschliessen dies näher zu untersuchen - weniger aus Sorge oder Mitgefühl sondern eher aus Neugier und weil der Gesprächsstoff ausgegangen ist.
Die Gruppe setzt sich in Bewegung, und fünf durch den Glühwein schon leicht erröteten Gesichter blicken wenig später nach oben in die Baumkrone.
"Hallo Sie ! Was machen Sie da im Baum ?" ruft Henning Vatenstat dem Mann zu.
"Ich betrachte den Mond !" erwidert die Gestalt mit einer wohlklingenden Stimme ohne den Kopf der Gruppe zuzuwenden.
Unwillkürlich folgt die Gruppe der Blickrichtung des Mannes und sehen den Mond hell strahlend und tief über der Stadt stehen - bisher hatten sie ihn noch nicht im Blickfeld gehabt.
"Aber warum sitzen Sie im Baum ?" fragt der Wortführer nach.
Die Gestalt wendet nun erstmals den Blick der Gruppe zu und erwidert "Warum sitzen Vögel auf Bäumen ?"
Das Timbre der Stimme läßt Bettina Fleissner, der einzigen Frau in der Gruppe, einen wohligen Schauer den Rücken hinunterlaufen, und sie antwortet auf die rhetorische Frage "damit sie einen guten Überblick haben, nicht überrascht werden können. Und wahrscheinlich kann man so auch besser starten."
Ihre vier Kollegen schauen sie belustigt an, und Anton Illrich, der unfreiwillig in der Abteilung in die Position des Spaßvogels geraten ist, wird mit einem "da hat die Bettina mal wieder gut in der Schule aufgepasst" seiner Rolle gerecht.
Die Gestalt hat ihren Blick wieder dem Mond zugewandt. Bettina Fleissner versucht mit einem "dann sind sie ein Nachtvogel, und fliegen sie im Mondlicht ?" das Gespräch weiterzuführen. Damit bewirkt sie aber keine Reaktion beim Angesprochenen, Anton Illrich schlägt ihr aber jovial auf die Schulter und trompetet begeistert "die Bettina hat einen Witz gemacht ! Unsere Musterschülerin sollte vielleicht öfters Glühwein trinken !". Was Bettina Fleissner mit einem gezwungenen Lächeln quittiert, hatte sie ihre Frage doch ganz ernst gemeint.
Da die Gestalt keine Regung mehr zeigt strebt die Gruppe wieder dem lauten, geschäftigen und leuchtenden Treiben in der Mitte des Platzes zu. Als sich die Kollegen wieder am Glühweinstand sammeln und Richtung Baum schauen ist die Gestalt verschwunden. Nur Bettina Fleissner hält daraufhin im schwarzen Nachthimmel Ausschau nach einem großen Nachtvogel.