Freitag, März 31, 2006

Mirakulös !

Wunder ! Früher waren Wunder noch etwas besonderes. Wunder wurden von Göttern oder ihren Stellvertretern auf Erden verbracht, auch Feen werden solche Fähigkeiten zugeschrieben. Wunder waren etwas absolut unerklärliches, eine Intervention einer höheren Macht um das Schicksal zu wenden.
Und heute: Da ist im Fußball der Sieg des Außenseitersteams gegen den Favoriten gleich ein Wunder. Überlebt jemand ein schweres Unglück titeln die Schlagzeilen Wunder. Das Wort ist durch den inflationären Einsatz abgenutzt worden.
Das schöne, etwas altertümliche Wort Mirakel ist eine wunderbare - oder besser gesagt mirakulöse - Alternative. Leider ist es durch den Produktnamen eines unnötigen Lebensmittels angekratzt, hat aber immer noch genügend Strahlkraft.
Wunder gibt es genug, ich warte auf ein Mirakel !

Donnerstag, März 30, 2006

Osterhase in der Osterkrise


Der alte Osterhase sitzt in seinem Lehnstuhl, läßt die Zeitung sinken und fängt mal wieder an über die modernen Zeiten zu klagen.
- Damals haben die Osterhasen Ostereier gebracht. Und Ostereier, das waren Eier, die bunt bemalt werden. Und heutzutage ? Da ist Ostern zu einem Konsumfest geworden, das sich in nichts von Weihnachten oder Geburtstagen unterscheidet,
- Du sieht mal wieder alles nur schwarz, erwidert sein Enkel. Natürlich sind die Kinder heutzutage nur mit Eiern nicht mehr zu erfreuen. Die Zeiten haben sich geändert, schließlich herrscht keine durchgehende Armut mehr. Aber Hauptsache man denkt noch an Ostern, und an uns ! Und Ostereier suchen ist bei den Kleinen immer noch hoch im Kurs.
- Ostereier nennst Du das ? Die süße Schokomasse in nicht biologisch abbaubarer Verpackung, teilweise noch mit eklig süß-klebriger Füllung ! Um möglichst schnell die eh nicht eingehaltene Fastenzeit zu kompensieren ?
- Aber Opa, warum bist Du so verbittert ! Der Sinn ist doch einfach dass es Spaß machen und schmecken soll. Es gibt zum Beispiel sehr leckere Schokoeier von Gubor.
- Und dann soll man noch bei den Kindern den Markenwahn fördern ? Und Ostereier von Milka, die immer gleiche süße Schokopampe, nun mal in Eierform um auch da mitzuverdienen - das ist das Ende von Ostern wie wir es kennen.
Der Enkel grinst und summt leise das passende Lied von R.E.M.
- Ich finde das gar nicht lustig ! Was gibt es denn am heutigen Ostern noch positives ?
- Aber Opa ! Jetzt gibt es Schokoladen-Osterhasen ! Die Menschen halten uns in hohen Ehren ! Natürlich gibt es auch Milka-Osterhasen, das ist die heutige Welt. Aber dieser leckere Schokohase von Lindt ! Der ist dir doch wie aus dem Gesicht geschnitten. Und klassisch-zeitlos. Probier doch mal !
- Hmmm. Der ist ja wirklich sehr köstlich. Und Verpackung hin oder her, das ist ja schon fast ein goldenes Denkmal für uns Osterhasen. Vielleicht ist ja Ostern doch noch nicht ganz verloren.

Mittwoch, März 29, 2006

Rückkehr nach Sommerby


Die so vertraute Landschaft zog am Fenster des Großraumwaggons vorbei. Sie wirkte wie ein in sich ruhendes Stück Natur, eine unaufdringliche Welt von ewiger Schönheit. Keine eitle, nach Bewunderung heischende Attraktion wie er sie bei seinen Reisen durch die USA gesehen hatte. Keine Postkartenidylle, keine irreal schönen Anblicke wie in der Provence. Sondern eine ehrliche, offene Landschaft. Während Lisa Ekdahl "öppna upp ditt fönster" aus seinem Kopfhörer sang, seine letzte in Schweden gekaufte CD bevor er vor über 10 Jahren seinen Heimatort verließ, erinnerte er sich an das Gefühl, nach Abschluß seines Studiums endlich die weite Welt entdecken zu wollen, bei einem internationalen Konzern seine Zukunft zu finden.
Er war durch die Welt gereist, hat auf verschiedenen Kontinenten gewohnt, war aber nie wirklich zuhause gewesen. Er hatte zwar immer mehr Geld gehabt als er ausgeben konnte, aber nie die Zeit länger als für die Weihnachtstage nach Schweden zurückzukehren.
Er hatte gedacht so sei das Erwachsenwerden halt: Man ist abgebrüht, desillusioniert, man sammelt Reize aber man erlebt nie mehr das Gefühl des Angekommenseins, des In-Sich-Ruhens, ja das Gefühl irgendwo hinzugehören. Die Stimme von Lisa Ekdahl weckte Erinnerungen - haben alle Frauen mit denen er wirklich glücklich war nicht schwedisch gesprochen ? Mit seiner amerikanischen Frau hatte er sich gut verstanden, der unspektakulären Ehe folgte eine ebenso unspektakuläre Scheidung, aber er hatte nie das Gefühl dass sie wirklich zusammen und an den Ort gehörten an dem sie gerade waren, auch wenn es ihr wunderbares Ferienhaus in Turtle Beach war.
Als seine Eltern in eines Tages anriefen und meinten, er hätte doch sicher nichts dagegen wenn sie ihr Haus in Sommerby verkaufen um in ein Seniorenwohnheim zu ziehen, widersprach er zu seinem eigenen Erstaunen. Und bevor er sich das alles erklären konnte hatte er seinem Arbeitgeber gekündigt, seine momentane Wohnung in L.A. aufgelöst und war auf dem Weg zurück nach Sommerby.
Und je näher er kam um so näher fühlte er sich seinem verlorengegangenem Ich. Er hatte die schon lange nicht mehr gespürte Ahnung nach Hause zu kommen. Er wußte noch nicht was er eigentlich machen wollte, er wußte nur daß er endlich den Ort finden würde den er die ganze Zeit gesucht hat.
Er schloß die Augen und stellte sich das weiß getünchte Haus mit dem Reetdach vor, den Garten, den er immer etwas verwildert in Erinnerung hatte, und die alten Gartenmöbel, an denen er morgen erstmal ausgiebig frühstücken würde.

Dienstag, März 28, 2006

Revolutionäre Humanisten verschlafen die Wahl

Eine mir unbekannte Partei wirbt für eine Veranstaltung: Das Parteiprogramm der Gruppe "Die Humanisten" wird vorgestellt. Heute abend - und damit drei Tage nach der Landtagswahl - kann man sich das Manifest der Partei anhören. Manifest des revolutionären Humanismus - das klingt nach unbedeutender, aber extremer Splitterpartei, die die Religionen mit einem Staatsstreich abschaffen will. Und dabei so weltfremd ist, über der internen Diskussion zwischen den verschiedenen Splittergruppen die Wahl zu verpassen. Und außerdem das entscheidende R vergessen hat.

Die Humanisten hießen früher freireligiöse Landesgemeinde, und hinter dem Manifest steckt eine Stiftung. Ist also leider viel banaler als es erscheint...

Montag, März 27, 2006

Der Frühling ist da: Ms. John Soda

Es war bereits 23 Uhr als im Club meines Vertrauens Ms. John Soda die Bühne betraten. Am Sonntagabend nicht gerade eine arbeitnehmerfreundliche Zeit, aber es hat sich auf alle Fälle gelohnt !
Wenn in einer Gruppe einer der umtriebigen Gebrüder Acher spielt, ist dies ja ein unstrittiges Qualitätsmerkmal. Hier ist es Micha Acher, der mit Stephanie Böhm (von der ebenfalls zu empfehlenden Gruppe Couch) die Gruppe Ms. John Soda bildet und verstärkt mit zwei weiteren Musikern das Konzert bestreitet.
In einem sehr guten Sound spielen sie ihre Version von Pop-Musik, rhythmische in die Beine gehende Stücke mit wunderbaren eingehenden Melodien, schönen laut-leise Wechseln. Man sieht den Musikern die Freude an ihrem Auftritt an, vor allem die Sängerin strahlt ins Publikum während ihre helle, in der Musik nie untergehende Stimme erklingt.
Das Konzert löste eine euphorische Frühlingsstimmung in mir aus die jetzt noch nachwirkt. Oder fühle ich vielmehr den endlich angefangenen, wahrhaftigen Frühling ?

Sonntag, März 26, 2006

Leben - und was noch ?


Samstagnachmittag. Menschen mit und ohne Einkaufstüten laufen durch die Fußgängerzone. Kleine Gruppen stehen einfach herum, unterhalten sich und genießen das leicht frühlingshafte Wetter. Einige sitzen bereits tapfer an den Tischchen vor dem Café - aber man sieht ihnen das leichte Frösteln an.
An einem Geschäft dann das Schild "living & more". Das klingt so überflüssig wie "Fit for Fun", "Hair Company" und ähnliche sinnentleerte Anglizismen. Dementsprechend wird dieser Mahnspruch auch übersehen und ignoriert.
Hinter diesem so harmlos wirkenden Schild verbirgt sich aber die große Fragestellung: Gibt es etwas anderes als das reine Leben ? Gibt es zum Beispiel ein Leben nach dem Tod, residiert in diesem Haus also eine Kirche oder eine heilsbringende Sekte ? Oder soll auf die Sinnfrage angespielt werden, dass das Leben mehr als biologische Funktionen bedeutet, dass es noch etwas transzendentes wie Geist oder Seele gibt - und gibt es hier Unterstützung bei der Suche nach der eigenen Verknüpfung mit dem großen Ganzen oder Pauschalreisen zum angesagten Guru zu buchen ? Wie so oft ist die richtige Antwort enttäuschend gegenüber den gefunden Möglichkeiten, und soll daher auch verschwiegen werden.

Mittwoch, März 22, 2006

45 Minuten für die Ewigkeit

An der Bäckerei-Theke im Supermarkt. Während der Kunde vor mir bedient wird unterhalten sich zwei junge Angestellte vor den mit Backwaren gefüllten Regalen . Die eine blickt auf ihre Uhr: "Das ist in einer dreiviertel Stunde. Wieviel Minuten sind das denn ?" Die andere: "Also eine Stunde hat doch 60 Minuten. Aber eine dreiviertel Stunde ?". Die beiden schauen sich ratlos an und kapitulieren vor dieser schwierigen Aufgabe.

Diese schöne Geschichte ist mir leider nicht eingefallen, ich habe sie tatsächlich in etwa dieser Form erlebt. Man könnte sie aber gut durch die Änderung "Also eine Stunde hat doch 100 Minuten" noch eindrucksvoller machen (oder pimpen, um dieses schöne Wort erstmalig in diesem Blog zu verwenden).

Montag, März 20, 2006

Der FF-Effekt

Die meisten Menschen haben immer mal wieder das Gefühl ein angenehmer Zeitabschnitt wie Urlaub würde besonders schnell vergehen, wie wenn jemand auf den schnellen Vorlauf gedrückt hätte. Natürlich kann man versuchen dies mit psychologischen Aspekten zu erklären. Damit kommt man der Wahrheit aber nicht näher !
Die Welt jedes Menschen ist das Ergebnis eines Simulationsprogramms. Erfahrungsgemäß befinden sich in allen Computer-Programmen hinreichend viele Fehler. Und diese Zeitraffer ist nur ein ganz einfacher, unbeabsichtigter Seiteneffekt: In den Routinen die das Wohlbefinden des Menschen darstellen wird aufgrund eines Programmierfehlers die Zeitschrittweite des Programms erhöht, damit vergeht die Zeit schneller wenn diese Routinen angesprungen werden.
Ist doch ohne jegliche Mystifizierung ganz einfach zu erklären !

Sonntag, März 19, 2006

F*R*Ü*H*L*I*N*G


Sonntagnachmittag. Ein Platz im Café ist schwer zu finden. Dann ein Platz in der vordersten Reihe, Sonne und Blick über den erleuchtenden Platz. Kaffee, Kuchen, den Gesprächen an den Nebentischen lauschen, die glücklichen Leute beobachten, die die Sonne geniessen, nebenbei ein Buch lesen.
Hurra, der Frühling ist gekommen !

Samstag, März 18, 2006

Verschwörung am Gartenteich

Der Gartenzwerg läßt seine Angel ins Wasser baumeln und starrt mit leerem Blick auf die Seerose, die mitten im Teich blüht. Plötzlich bricht der Koikarpfen durch die Wasseroberfläche und ruft dem Zwerg zu: "Ach Alois, ich halte das einfach nicht mehr aus ! Der Typ hat schon wieder so ekliges Futter gekauft, aber ich muss es herunterwürgen, es gibt ja sonst nichts in diesem sterilen Wasserloch". Der Karpfen Himashi sprach diese Sätze natürlich nicht am Stück, sondern tauchte immer wieder zum Atemholen unter. "Mir geht es auch nicht besser" stöhnt Alois. "Er hat mich von meinen Freunden im Vorgarten getrennt und mich hierher ins Exil verbannt". "Wir sollten endlich etwas unternehmen" meldet sich die Seerose zu Wort. "Der Idiot vergisst immer wieder den Dünger, und die Filteranlage macht auch den letzten Nährstoffen den Garaus". "Ach Jasmin" seufzte Alois zu der Seerose, die in Wirklichkeit Blümchen hiess, sich aber den Künsternamen Jasmin Wagner gegeben hatte. "Das ist unser Schicksal. Wir sind hier im Fegefeuer und müssen dies alles ertragen".
"Blödsinn" rief Himashi aus. "Das ist mal wieder typisch deutsch, sich seinem Schicksal ergeben und nicht merken dass man selber etwas dagegen unternehmen kann !". "Aber was sollen wir denn schon machen. Wir haben doch keine Chance gegen diesen Riesen". "Das wichtigste ist ein guter Plan, und meine Vorfahren haben in der langen Geschichte viel über Kriegslist gelernt" widersprach Himashi. Erst widerwillig, aber dann mit steigender Begeisterung fingen Alois und Jasmin an mit Himashi den perfekten Schlachtplan zu erstellen.
Am nächsten Samstagnachmittag mäht Herr Bernhuber wie immer seinen Garten mit seinem Elektrorasenmäher. Als er am Teich vorbeikommt erstarrt er. Die Seerose läßt ihren Kopf hängen ! Er läßt den Rasenmäher laufen, kniet sich an den Teichrand, greift unter die Wasseroberfläche und will die Blüte abreissen, die so seinem Bild des perfekten Gartens wiederspricht. In dem Moment beisst im Himashi mit aller Kraft in den Zeigefinger. Herr Bernhuber schreit auf, verliert das Gleichgewicht und stürzt in den Teich. Himashi springt im nächsten Moment aus dem Teich während Alois mit der Angel den Rasenmäher anschubst, der sodann in den Teich rollt. Der Stromschlag tötet Herrn Bernhuber auf der Stelle. Die Sicherung reagiert, aber zu spät. Himashi kämpft sich zurück ins wieder sichere Wasser, Jasmin erhebt ihr hübsches Gesicht und Alois lässt seine Angel im Teich baumeln. ein Bild der Idylle.

Frau Bernhuber mochte Gartenzwerge noch nie. Sie stellt Alois zurück in den Vorgarten zu seinen Freunden - sie bringt es nicht übers Herz sie wegzuwerfen, aber zumindest will sie keinen im Garten sehen. Ausserdem hasst sie es den Teich zu reinigen - so kann sich Jasmin über viele Nährstoffe freuen. Für Himashi entdeckt sie ihre Herz, und achtet immer sehr darauf, welches Futter er mit der grössten Begeisterung frisst.

Freitag, März 17, 2006

Von Hochzeit zu Epic Soundtrack

Jetzt mache ich mich gleich auf den Weg zu einer standesamtlichen Hochzeit. Zu Hochzeit fiel mir gerade spontan das Lied "Marry Me (Lie Lie)" ein. Ein Blick in das CD-Regal zeigt dass die Platte von "These Immortal Souls" 1987 erschienen ist. Ich finde die Musik aber einfach zeitlos. Der Sänger war Rowland S. Howard. Gibt es den noch, was macht er ? Ich weiss dass er auch eine Platte mit Nikki Sudden gemacht hat. Den gibt es sicher noch: Ich habe ihn gerade vor ein paar Monaten live in einem kleinen Club gesehen. Er spielt immer noch seine Version von Rock-Musik, und brachte auch wieder seine Klassiker "Fortune of Fame" oder "Big Store". Die stammen von Jacobites-Platten, d.h. die Platten die er mit Dave Kusworth aufgenommen hat. Was macht der zur Zeit ? Nikki Sudden erinnerte auf dem Konzert an seinen vor 9 Jahren verstorbenen Bruder, der sich Epic Soundtrack nannte. Der hat übrigens auf der Immortal Souls Schlagzeug gespielt. Ich habe ihn vor über neun Jahren in München live gesehen, wo er eigene Lieder am Flügel vortrug - das war ein sehr schönes Konzert ! Wenig später ist er gestorben...
Mit diesen melancholischen Gedanken gehe ich jetzt zu einem sogenannten schönsten Tag im Leben eines Paares.

Donnerstag, März 16, 2006

Der / die / das Mond

Der Mond übt auf viele eine magische Anziehungskraft aus - zuletzt im Buch "der Umfang der Hölle" von Heinrich Steinfest auf die Hauptfigur Reisinger. Ist der Mond nun der alte Linke (wie in einem Lied von Britta) oder vielleicht doch weiblich (wie im Französischen) ?
Wahrscheinlich gibt es unzählige wissenschaftliche Arbeiten über die Bedeutung des Mondes in der Kultur verschiedener Völker. Ich will nur soviel dazu sagen: Auch ich gehöre zu den Mond-Anhänger und kann mich immer wieder sehr über seinen Anblick freuen.
Um für den Mondanbeter-Nachwuchs zu sorgen empfehle ich Kinder mit dem Lied "Der Mond ist aufgegangen" von Matthias Claudius zu beeinflussen. Das hat bei mir gewirkt - es war mein Lieblings-Kinderlied.

Mittwoch, März 15, 2006

Hauptsache ordentlich wiglafen !

Gestern bei der Lesung von Wiglaf Droste - meine erste Begegnung mit ihm und seinen Glossen. Das Publikum lässt sich gefällig unterhalten. Wiglaf Droste ist der Metzger wenn Max Goldt der Chirurg ist. Texte über (bei Droste zumeist gleichbedeutend mit gegen) Beckenbauer, Ratzinger/Benedikt, Religion, Nordic Walking, Bemerkungen "über" Niedecken....
Die Lesung war durchaus ein Erlebnis und beste Unterhaltung. Teils schöne Wort-/Satzgebilde, gute Beobachtungen... Ausserdem sang Wiglaf "Muse feiffe inne Wind", seine Version des Dylan-Klassikers. Mir war es aber zu sehr ein Abend des selbstgefälligen Schenkelklopfens, des gemeinsamen Elitenbewusstsein und des Herabsetzen statt kritisch damit Beschäftigen.
Teilweise kam zum Vorschein dass das Schaffen von Wiglaf Droste wohl auch andere Seiten hat, der gestrige Abend stand aber unter dem Motto "Wiglaf metzgert des Intellektuellen Lieblingsfeinde".

Montag, März 13, 2006

Was passiert mit der Zeit ?

Wohin verschwindet die Zeit ? Wie kommte es dass keine Zeit mehr da ist ?
Füllt sie die Flaschen, aus denen man in der Kneipe trinkt ? Bildet sie einen Belag auf den Seiten die man gelesen hat ? Kondensiert sie an den Wänden und der Decke des Clubs ? Bildet sie als Abrieb Spuren unter den Fahrradreifen ? Wird sie vom Laser des CD-Spielers gespalten ?
Wenn ich diese Frage geklärt habe, habe ich auch mehr Zeit zum Bloggen.

Freitag, März 10, 2006

Die Postkarte

Auf dem Hügel ausserhalb des Dorfes steht ein älteres Gebäude. Schon etwas heruntergekommen, mit bröckelndem Putz läßt es immer noch erahnen dass es von einem Industriellen in der Gründerzeit als Sommerfrische erbaut wurde. Mit grosser Veranda, Wintergarten und verwildertem Garten macht es jetzt einen eher verwunschenen Eindruck. Jedesmal wenn es Post für den dort alleine wohnenden Rentner zu verteilen gibt, muss der Postbote aus dem Dorf heraus und die steile Auffahrt auf den Hügel hochradeln.
An diesem Tag hält der Postbote eine Postkarte in der Hand, die mit einer sehr altmodisch wirkenden, akkuraten Handschrift adressiert war. Sollte er nur für diese Postkarte den weiten Weg auf sich nehmen ? Er wiegt die Postkarte in der Hand und beginnt sie genauer zu betrachten. Eine Ansichtskarte die ein Dorf an einem bayerischen See zeigt. Er dreht die Karte um und beginnt zu lesen.
Nachdem er die Karte das zweite Mal gelesen schaut er in den Himmel während in seinem Kopf Erinnerung um Erinnerung auftauchen und um seine Aufmerksamkeit buhlen. Er steigt auf das Rad und fährt in rasendem Tempo dem Hügel hinauf.
Ausser Atem klingelt er Sturm, drückt dem verdutzten Rentner die Postkarte in die Hand und schreit heraus: "Ich hoffe ich muss nicht bis zur Rente warten um nochmal etwas von IHR zu hören".

Donnerstag, März 09, 2006

Bedrohte Tierarten (Teil 1): Der Diskokugelfisch

Der Diskokugelfisch gehört zu der Familie der Kugelfische (lateinisch Tetraodontidae). Die bekannteste Gattung der Kugelfische sind die Fugu, die giftigen Kugelfische, die in Japan als besondere Delikatesse gelten. Der Diskokugelfisch (Gattung Beegeerides) ist ungiftig und wird wegen des stechenden Geschmacks nicht als Nahrungsmittel verwertet.
Der Diskokugelfisch zeichnet sich durch silbern glänzende Schuppen aus, die den ganzen Fischkörper gleichmäßig bedecken. Kugelfische blähen sich bei Gefahr in kürzester Zeit zu einer Kugel auf. Beim Diskokugelfisch ergibt sich so eine reflektierende Kugel, die die Angreifer nicht wie bei den Artgenossen durch abstehende Stacheln sondern durch die Lichtreflexe abschreckt.
Wird der Diskokugelfisch gefangen, aufgeblasen und getrocknet, bewahren die Schuppen ihren typischen Glanz. Schon seit Jahrhunderten werden Diskokugelfische in den japanischen Fischerdörfern über die Türschwelle gehängt, um bösen Geistern durch die Lichtreflexe die Anwesenheit von aufblitzenden Samureischwertern vorzutäuschen.
Es kann nicht genau zurückverfolgt werden wann in den 30er Jahren die Mode aufkam, Diskokugelfische in Tanzlokalen aufzuhängen. Diese Mode verbreitete sich langsam über die ganze Welt. Diese Lichtobjekte wurden bald nur kurz Diskokugeln genannt und avancierten in den 70er Jahren zum Namensgeber der Diskotheken als auch der Disco-Musik.
Da die Diskokugeln auch außerhalb der Tanzlokale eingesetzt wurden und zunehmend junge Diskokugelfische vor Erreichung der Geschlechtsreife als Dekorationsmaterial Verwendung finden, ist diese Tierart vom Aussterben bedroht. Zwar werden inzwischen Discokugeln auch aus Styropor hergestellt, ob sich die Fischart aber von der massiven Überfischung erholen kann ist ungewiss.

Dienstag, März 07, 2006

A ne pas manquer (don`t miss it): Der Vater von Herrn Hase

Lewis Trondheim, der Schöpfer der wunderbaren Welt von Herrn Hase, der Erzähler sehr wahrer, poetischer, philosophischer und abstruser Geschichten aus dem Leben, der Zeichner detailreicher, sehr französischer Momente, kurz gesagt mein allerliebster, verehrungswürdigster Comic-Zeichner ist heute nacht auf Arte zu sehen (für Naturwissenschaftler: Morgen um 0:40 Uhr).
In der Sendung "Durch die Nacht" ist Lewis Trondheim mit Judith Holofernes (von "Wir sind Helden") in Montpellier unterwegs.

Es gibt viel zu sehen !

Wer mit Umsicht und Vorsicht handelt hat vielleicht weniger das Nachsehen, aber wirkt auch wie unsichtbar - oder wenig besser nur durchsichtig. Aus Versehen etwas zu übersehen kann zufällig zu ansehnlichen Ergebnissen führen. Aber Wegsehen sollte man nicht vorsehen.
Jetzt werde ich aber von weiteren Ausführungen absehen und zusehen diesen Text mit einem Ende zu versehen.

Montag, März 06, 2006

Ich werde gegoogelt, also bin ich

Nur was in Google steht existiert wirklich. Daher muss ich mich unbedingt meiner selbst versichern !

  • Papageientaucher Blog : 305 Treffer, und mein Blog als erster Treffer ! Quod erat demonstrandum - ich existiere wirklich.
  • Kuchenenten : 0 Treffer, so schnell geht das dann auch wieder nicht.
  • Kreaukeaudile: 1 Treffer, aber leider nur auf die Januar-Archivseite und nicht direkt auf den Beitrag .
  • Helena Penelope Julia Sandrine Die Namen der vier Teile der von mit jetzt spontan so benannten Party-Tetralogie führen in der Einstellung Seiten auf Deutsch auf 300 Treffer, aber der zweite ist aus meinem Blog.
  • "la cuillère dorèe": 20 Treffer im Web (mein Blog als Nummer 5) und nur einer in Deutschland - wunderbar !

Natürlich werden gerade ältere Beiträge wie zum Beispiel die Kombination Kartoffelgerichte Wittgenstein nicht gefunden, aber die Hauptsache ist: Auf der Suche nach meinem wahren Ich werde ich in Google fündig.

Sonntag, März 05, 2006

Der Tag der Kuchenenten

In der Stadt war so etwas wie Frühling zu spüren. Wenn die Aufmerksamkeit fehlte machte alles eher einen winterlichen Eindruck: Die Schneereste am Straßenrand, die vom geschmolzenen Schnee nassen Bürgersteige, die unter den Stiefeln knirschenden Kiesel. Aber irgendetwas war da. Die Art wie die Sonne schelmisch grinste. Der unbestimmbare Duft den der kühle, aber leichte Wind über die Innenstadt verbreitete.
Und viele Menschen spürten dies. Sie strömten in den Park, schlenderten durch die Fußgängerzone, betrachteten die Früjahrsmode in den Schaufenstern der geschlossenen Kaufhäuser als Bestätigung ihrer Gefühle. Manch einer öffnete schon den Mantel vorsichtig ein Stück weit, fast nur symbolisch, aber trug so zu dem immer stärker werdenden Gefühl bei.
Durch das Glücksgefühl beseelt begab sich so mancher in das überfüllte Café um den Freudentag angemessen zu begehen. War tatsächlich ein freier Tisch gefunden, und nach langem Warten auch endlich eine abgehetzte Kellnerin erschienen, wich die Vorfreude auf eine Schwarzwälder Kirschtorte, Käsekuchen oder Mohnstritzel dem blanken Entsetzen: Tut mir leid, wir haben heute keinen Kuchen.
Weg war das Frühlingsgefühl, die Aufbruchsstimmung, die aufknospende Hoffnung. Verzweifelt wollte der Gast den Grund wissen, und wurde mit dem Hinweis auf Magen-Darm-Viren im Mehl vertröstet.
Dies war natürlich glatt gelogen, aber den wahren Grund konnte man den durch diesen Schock fast in eine depressive Winterstarre versetzten Gästen keineswegs verraten: Nicht nur die Menschen, auch die Tiere spüren das Nahen des Frühlings. Und daher waren auch schon die Kuchenenten auf dem Heimweg von Spanien nach Österreich, wo sie im Sommer in der Nähe von Konditoreien und Kaffeehäusern lebten und von den Gästen immer ausreichend mit den leckersten Backkreationen bedacht wurden. Um auf dem Rückweg aus dem Winterquartier den beschwerlichen Weg über die Alpen zu vermeiden machten sie lieber eine Schleife nach Norden und waren daher an diesem Sonntag in der typischen deutschen Stadt gelandet. Mit ihrem Instikt hatten sie zielsicher das Café erspürt, eine angelehnte Hintertür entdeckt und sich vor der Öffnung des Genuss-Tempels über die wunderbare Auswahl an Kuchen und Torten hergemacht.
Daher war der Ausfall des Sonntag-Kuchens eigentlich ein wunderbares Zeichen dass die Gefühle nicht trügen: Der Frühling kommt ! Aber so mancher Sonntags-Spaziergänger kehrte eher betrübt zu sich nach Hause zurück.

Freitag, März 03, 2006

Isländisches Sprichwort

Ein Mensch ohne Bücher ist blind.

Donnerstag, März 02, 2006

Momente für die Ewigkeit

Was bleibt übrig von Tagen, Wochen, Jahren ? Momente.
Und was bleibt von Filmen übrig ? Ebenfalls Momente.

Über den Film "Ich und du und alle, die wir kennen" will ich jetzt gar nicht sprechen. Nur soviel: Er hat mir sehr gut gefallen. Aber die letzte Szene ist ein Moment, der bleibt, auch wenn ich mich nicht mehr recht an den Film erinnern werde.
Ein Mann steht an der Straße, wartet und klopft mit einer Münze auf einen Laternenpfahl. Ein kleiner Junge schaut zu und fragt was er da mache: Er klopfe damit die Zeit vergeht. Und da sieht der Junge dass die Sonne immer dann ein Stück weiter aufgeht wenn die Münze auf die Laterne trifft. Der Mann steigt in den Bus und gibt die Münze dem Jungen. Die Sonne ist stehengeblieben. Der Junge fängt an zu klopfen, und die Sonne geht weiter auf.
Ein grosser Moment.

Mittwoch, März 01, 2006

Das große und das kleine Du

Die Reform der Rechtschreibreform wird gerade formuliert. Muss ich jetzt zusammenschreiben zusammen schreiben und großschreiben Grossschreiben ? Ich habe es aufgegeben.
Aber eine wunderbare Nachricht ist dann doch zu entdecken: Das Du wird gerettet ! Ich weiß nicht ob es eine nostalgische oder romantische Ader ist, wahrscheinlich wird es so mancher schlicht als Spleen, Masche oder schlimmeres betrachten, aber ich finde die Anrede mit einem Du viel persönlicher und verbindender als ein lapidares du. Durch das Du wird eine ganz andere Dimension erreicht, ohne das große D ist ein Liebesbrief nur ein abgeschriebenes Kapitel aus einem Arztroman.
Mancher kämpft für die völlige Abschaffung der Großbuchstaben in der deutschen Sprache, aber ich erhebe mein Glas für einen Toast auf das Du !