Dienstag, Mai 02, 2006

Lethargie im Nordatlantik

Dem Kapitän war langweilig. Wieder eine Atlantik-Überquerung. Vergnügungssüchtige Passagiere, jeden Abend Kapitäns-Dinner, belanglose Konversation, von alleinreisenden Frauen zum Tanz aufgefordert werden, die Nacht mit manchen von ihnen verbringen.
Tagsüber auf der Brücke stolzieren, einen Blick auf den Kurs werfen, den ersten Offizier loben. Nichts kann ihn aus seiner Lethargie wecken. Alles ist unbedeutend, die Zeit fliesst dahin ohne dass irgendetwas passiert.
Auch der Anblick von Eisbergen löst bei ihm keine Begeisterung mehr wie bei den Passagieren aus, und der große Eisberg direkt vor dem Schiff lässt ihn auch gleichgültig. Als das Schiff frontal den Eisberg rammt beobachtet er das plötzlich entstehende Getümmel von der Brücke: So wie wenn man aus Langeweile mit einem Stock in einen Ameisenhaufen sticht.
Ein aufmunternder Blick zum ersten Offizier der den Notfallplan ausarbeitet ist alles was von ihm verlangt war. Er steigt die Brücke hinab, krempelt die Hosenbeine hoch und geht über das schon leicht unter Wasser stehende Deck. Das Leben ödet ihn an. Für was lebt man wenn nie etwas von Bedeutung geschieht ? Und als er dann schliesslich im eiskalten Wasser schwimmt denkt er dass ihm Schwimmen schon als Kind zu gleichförmig war.
Die Leiche des Kapitäns sowie der meisten anderen Passagiere wird nie gefunden werden.

4 Kommentare:

Oles wirre Welt hat gesagt…

Ein sprudelnder Blick in die Zukunft, ein hellsichtiger Wasserschwall, erfrischend, belebend, kühl und prickelnd.

F hat gesagt…

Aber was soll das sein, etwas von Bedeutung?

Lundi hat gesagt…

@ole: Klingt fast wie eine Getränkewerbung :-)
@kleines f: Diese Frage eröffnet tiefste philosophische Diskussionen...

Pe Pe hat gesagt…

Sie spielen tatsächlich den Untergang der Titanic in der Badewanne nach? :)