Donnerstag, Oktober 12, 2006

Fernsprechen nur mit Stil

Das Handy von Frau Brugger klingelt. Der durchdringende, fast markerschütternde Klingelton durchschneidet die angenehme gedämpfte Atmosphäre des Cafés. Panisch kramt die weißhaarige Frau in ihrer Handtasche nach dem Unruhestifter. Endlich findet sie ihn, schiebt die Brille hoch und drückt konzentriert die grün markierte Taste.
Dann spricht sie hinein: "Mußt Du so ein Lärm machen, Susanne ?"
"Aber Mama ! Ich wollte Dir sofort erzählen was mir heute passiert ist."
"Warum mußt Du hier hereinplatzen wenn ich beim Kaffeetrinken bin ? So habe ich Dich nicht erzogen. Ich werde das Ding nicht mehr mitnehmen."
"Mutter, ich habe Dir oft erklärt dass das zu Deiner eigenen Sicherheit ist, wenn Du zum Beispiel stürzt..."
"Fangen wir diese Diskussion nicht wieder an ! Übrigens, könntest Du mich bitte mal anrufen ? Ich habe da eine Bitte an Dich."
"Mama ! Wir telefonieren gerade !"
"Ich meine nicht diesen schrecklichen Störenfried benutzen. Ich meine richtig anrufen und miteindander sprechen, mein Kind. Entspannt in meinem Lieblingssessel. Mit einem schönen Telefon. Ich bin so um 17 Uhr zuhause."
"Aber willst Du gar nicht wissen warum ich mich angerufen hast ?"
"Doch, da bin ich sehr gespannt. Also rufe mich bald an und erzähle es mir !"
Damit unterbricht sie das Gespräch mit einem konzentrierten Druck auf die rot markierte Taste und räumt das Handy wieder in die Handtasche. "Kinder" seufzt sie und die Freundinnen nicken wissend und nippen an den Kaffeetassen.

1 Kommentar:

mq hat gesagt…

Manchmal wird die Weisheit des Alters mit Senilität verwechselt. Sehr guter Text zur Klärung dieses Missverständnisses.