Donnerstag, Oktober 19, 2006

Protestäußerung. Floristisch.

Eine enge, malerische Landstraße windet sich durch eine hügelige Landschaft in Cornwall. Oft von einer Hecke begrenzt, teilweise Rhododendron.
Lord Sauterbridge jagt seinen Aston Martin gerne über diese Strecke von seinem kleinen Schlößchen in jahrhundertelangem Familienbesitz zur Anwaltskanzlei in der nahen Kleinstadt. Er läßt sich dort als Inhaber täglich blicken - um den guten Kaffee zu trinken, gepflegt zu plaudern und mit den beiden neuen, hübschen und sehr jungen Büroangestellten zu flirten, die bei seinen doch immer sehr diskreten und eines Lords würdigen Komplimenten leicht erröten.
Die direkte Strecke zur Kanzlei wäre kürzer und schneller, aber Lord Sauterbridge liebt das Autofahren, sein Auto offen durch die Kurven zu zirkeln, die Reifen quietschen zu hören.
Gerade jagt er wieder einen leichten Anstieg auf eine Kuppe hoch. Oben begrenzt links ein alter Wachturm und rechts ein uralter Baum die Straße. Die letzten Tage kam ihm die Durchfahrt immer enger vor, vielleicht sollte er noch mehr ausspannen, oder vielleicht braucht er auch eine Brille. Er visiert die Engstelle an - und legt eine Vollbremsung hin. Der Baum steht mitten auf der Straße.
Ich habe einen Gehirntumor der auf das Sehzentrum drückt denkt sich der Lord bevor er sich selber zur Ordnung ruft. Panik nützt gar nichts. Die Sachlage analysieren. Der Baum hat sich mindestens vier Meter auf die Straße bewegt. Kommt so etwas öfters vor ? Nein. Obwohl...
Plötzlich fallen Lord Saunderbridge wieder die alten Geschichten seines Kindermädchens ein, über seltsame Vorgänge in Dartmoor, Bäume die eine Eisenbahnstrecke blockierten, den Bau eines Schlosses verhinderten.
Ich rase hier wirklich völlig unnötig durch die schöne Natur muß der Lord sich eingestehen. Und wenn ein Baum dagegen einschreitet muß es sehr störend sein.
Er wendet seinen Wagen, um ab jetzt nur noch die direkte Strecke zu fahren. Außerdem beschließt er sein Kindermädchen Miss Hendergrass gleich morgen im Seniorenwohnsitz in Torquay zu besuchen.
Als er in der Kanzlei angekommen von seinem Erlebnis berichtet verrät natürlich keiner der Zuhörer was er wirklich denkt. Und seine beiden neuen Angestellten hoffen daß die von ihnen soeben bei ihrem Chef entdeckte Exzentrik und Verschrobenheit zusammen mit seinem Charme die Arbeit in der Kanzlei noch interessanter und angenehmer macht.

3 Kommentare:

Lundi hat gesagt…

Mich hat der gehende Baum aus der schönen (und wahren) Geschichte von samoafex zu dieser Geschichte inspiriert. Danke !

samoafex hat gesagt…

Oha... ich fühle mich geehrt :)

Und dann noch in GB angesiedelt! Gefällt mir!

mq hat gesagt…

Natur ist Pädagogik pur.