Montag, Oktober 30, 2006

Uhr bremsen, Zeit gewinnen ?

Der Tag vergeht wieder viel zu langsam. Eine Besprechung zum aktuellen Projekt. Vollgefüllt mit Worthülsen.
Herr Weinbrecher versucht sich vorzustellen er schaue im Fernsehen eine Satire über Projektarbeit, sozusagen Stromberg plus. Das erheitert ihn einige Zeit, zeigt aber auch um so mehr die Sinnlosigkeit der Ganzen. Erst 20 Minuten überstanden. Irgendwie vergeht die Zeit zu langsam.
Er schaut aus dem Fenster. Ein Vogel fliegt vorbei. Sehr langsam - wie in Zeitlupe. Ein schön gefärbtes Blatt bewegt sich im Wind - steht dabei aber fast still.
Herr Weinbrecher stutzt. Kann es sein dass hier die Zeit anders läuft ? Das er in 2 Stunden Außenzeit und zwei Stunden auf seiner Uhr hier mindestens vier Stunden Besprechung durchlebt ? Woran kann das liegen ?
Als begeisterter Leser von Science-Fiction kommen ihm natürlich die richtigen Ideen. Wird in dem Gebäude eine eigene Zeit generiert, um mehr Arbeit in die gleiche Zeit zu bringen ? Ist dass das Geheimnis der hohen Gewinne des Unternehmens ? Und warum er sich nach einem 9-Stunden Tag so furchtbar ausgelaugt vorkommt ?
Und wo könnte das Gerät dazu sein ? Natürlich im Keller.
Berauscht von seinen Gedanken entschuldigt er sich, geht aber nicht zur Toillette sondern fährt mit dem Aufzug in das unterste Kellergeschoß. Ihm ist dort immer schon die riesige Stahltür aufgefallen. Ein elektronisches Codeschloß an der Wand, daneben ein Feuermelder.
"Gewußt wie" denkt sich Herr Weinbrecher und betätigt den Feuermelder. Wie gehofft entriegelt sich die Tür und unter nervtötendem Alarmsignalen betritt Herr Steinbrecher einen riesigen Saal voller seltsamer Maschinen. Jetzt fühlt er sich wie ein Held seiner Lieblingsromane, der das Böse aufhalten muss. Er läuft durch die Gänge, drückt überall die Notausknöpfe. Eine Maschine nach der anderen schaltet sich mit einem letzten Blinken ab.
Dann läuft er über das Treppenhaus ins Freie und mischt sich unauffällig zwischen die sich wegen des Feueralarms dort allmählich einfindenden Kollegen. Wie ein aufkommender Wind fegt ein Rauschen durch die gleich einer Pinguinkolonie versammelten Menge von Angestellten: Die EDV sei ausgefallen, vielleicht wichtige Daten verloren, das Unternehmen gefährdet.
Herr Weinbrecher nimmt das nicht wahr, er fragt sich ob er jetzt die Angestellten vor der bösen Macht gerettet hat und ob die Besprechung bei ihrer Fortsetzung wirklich in Normalzeit verläuft.

2 Kommentare:

mq hat gesagt…

Plötzlich bemerkte Herr Weinbrecher, dass die Leute um ihn Kettenhemden trugen.

Lundi hat gesagt…

@markus: Herr Weinbrecher war bei der Wahl seines Arbeitgebers nicht aufmerksam genug...

@mkh: Eine schöne Idee sich die individuelle Zeit selbst regeln zu können.