Dienstag, November 14, 2006

Der Kunde ist König. Nein - Graf.

Es ist ein trüber, dunkler Herbstabend, kurz vor Geschäftsschluß. Der Angestellte der "Schuhreparatur. Schlüsselservice. Schnell und preiswert." räumt die Regale auf und schaut immer wieder sehnsüchtig auf die Uhr. Da tritt ein schwarzgekleideter Mann in den Laden. Er hat langes strähniges schwarzes Haar und ein fahles Gesicht - die Grippe denkt sich der Angestellte und fragt höflich nach dem Begehr.
"Können Sie mir diesen Schlüssel nachmachen ?" bittet der Kunde und legt einen großen massiven Schlüssel auf die Ladentheke.
"Das ist ja eine Antiquität ! In dieser Größe kann ich hier keine Duplikate herstellen."
"Aber wie soll ich dann einen Zweitschlüssel für mein Schloß bekommen ?"
Der Angestellte schaut den Kunden etwas fragend an, meint dann aber:
"Der Schlüssel ist zwar groß, aber primitiv. Wenn sie noch etwas warten kann ich sie mit nach Hause in meine Werkstatt nehmen, dann habe ich das schnell."
Und so fährt Herr Kulardi mit seinem Kunden, der sich als Graf Arthur von Drachenstein vorgestellt hatte in seinem VW 1600 nach Hause. Ihm fröstelt leicht, sein Fahrgast hat eine unheimliche Ausstrahlung, ist sonst aber sehr freundlich und erzählt spannende Geschichten über Fledermäuse.
In seiner Werkstatt, eine mit Motorrädern in verschiedenstem Zustand zugestellte Garage, schweißt und biegt er auf der Werkbank am hinteren Ende schnell einen geeigneten Schlüssel zusammen. Zwar nicht schön aussehend, aber funktional.
"Wissen Sie, wenn meine Freundin zu mir zieht braucht sie natürlich einen Schlüssel" erklärt der Graf und gibt Herrn Kulardi als Dank eine Goldmünze die wie der Schlüssel sehr alt aussieht.
Dann erklärt er noch es sei nicht nötig ihn irgendwo hinzufahren, verläßt die Garage und ist spurlos in der Nacht verschwunden.
Herr Kulardi betrachtet die Goldmünze. Wahrscheinlich hat er nur zu viel Phantasie. Und zu viele Filme gesehen. Aber vielleicht hat er auch einem Vampir ein glückliches Leben ermöglicht.

3 Kommentare:

samoafex hat gesagt…

Vampirophilie nennt sich das dann wohl ;)

kein einzelfall hat gesagt…

Hier bleibt nicht nur der Vampir glücklich zurück!

Lundi hat gesagt…

@samoafex: Das "vampirische Konzept" hat etwas durchaus faszinierendes.Das man auch humorvoll verwenden kann (siehe "die transsylvanische Verwandte" von Peter Licht),
@madem: Ihr überreich ausgeschüttetes Lob beschämt mich etwas.