Freitag, November 10, 2006

Spirituelles Handgepäck

Eine lange Schlange an der Sicherheitskontrolle des Flughafens. Geschäftsleute, Familien auf dem Weg in den Urlaub. Allgemeine Unruhe, nervöse Blicke auf die Uhr, Protestäußerungen.
In der Schlange ein asiatisch aussehender Mann mit weißer Mönchskutte. Stoisch in der Schlange stehend. In den Händen hält er einen verschlossenen Tonkrug.
Schließlich steht er an der Kontrolle.
"Flüssigkeiten können Sie nicht mit an Bord nehmen. Geben Sie den Behälter bitte ab."
"Dieses Behältnis transportiert nichts irdisches" erwidert der Mönch mit weicher Stimme und leichtem Akzent.
"Dann öffnen Sie bitte den Behälter" fordert der Mann vom Sicherheitspersonal.
"Das kann ich nicht, dann entweicht es."
Der Mann in Uniform wird nervös: "Gas ? Ich rufe Verstärkung."
Aber die beruhigende Stimme wirkt:" Nein, das Gefäß ist angefüllt mit spirituellem Inhalt."
"Tut mir leid, wenn ich es nicht kontrollieren kann dürfen sie es nicht mitnehmen."
Die anderen Mitwartenden beginnen schon laut zu protestieren, "was macht der Spinner da", "darf so einer überhaupt alleine reisen" sind ein paar der Bemerkungen.
Bei dem völlig gefaßt und ruhig wirkendem Mönch ist eine leichte Verzweiflung zu spüren. Er klammert sich fest an den Tonkrug und schaut um sich, auf Rettung wartend. Die kommt von hinten.
"Sie wollen also einen Geist transportieren, dürfen aber kein Gefäß mit ins Flugzeug nehmen ?" erschallt eine laute Stimme mit australischem Akzent.
Der Mönch schaut sich um. Ein kräftiger Mann, gekleidet wie für das Outback, mit riesigem Hut. "Das ist kein Geist..."
"Sie wollen nach Bangkok ? Da fliege ich auch hin. Ich könnte ihr Phantom unter dem Hut mitnehmen."
Der Mönch denkt kurz nach und ist begeistert. So kann nichts entweichen !
Der Australier kniet sich nieder, der Mönche öffnet das Gefäß und füllt den nicht wahrnehmbaren Inhalt unter den Hut. Dabei versucht er den Australier zu beruhigen: "Das ist völlig harmlos. Gute und glückliche Ideen, Erfahrung..."
"Mir macht das nichts. Bei uns gibt es so manches seltsames da draußen."
Der Mönch strahlt. Fehlt es dem spontanen Helfer an Würde und Respekt vor dem Spirituellen, so hat er doch ein gutes Herz, einen wachen Geist und ist offen für das Immaterielle. Im Gegensatz zu den anderen Menschen in der Schlange.
Wenig später sieht man ein erstaunliches Paar tief in ein Gespräch versunken beim Gate an der Bar sitzen - vor sich einen Tee und ein Bier.

2 Kommentare:

kein einzelfall hat gesagt…

Ich stifte eine Kerze für dieses Kleinod von Geschichte (ach was, Geschichte: Vignette!!)

samoafex hat gesagt…

Wunderschön.