Donnerstag, Januar 12, 2006

Le Comte de Kreaukeaudile

"Comte de Kreaukeaudile" stand auf der Visitenkarte, die der späte Gast überreichte. "Entschuldigen Sie bitte die Indiskretion" begann Prof. Weimann das Gespräch, "aber wenn ich Ihren Namen ausspreche klingt der doch wie Krokodil. Haben Sie deutsche Vorfahren ?". "Im 18. Jahrhundert ist ein Vorfahre nach Frankreich gekommen, sollte sich dort eigentlich nur kurz im Tierpark von Nantes aufhalten, ist dann aber geblieben. Und daraufhin hat er seinen Namen angepasst, um nicht unter der damals doch starken Deutschenfeindlichkeit zu leiden" antwortete der erlesen gekleidete Besucher, der einem Nilkrokodil nicht unähnlich sah. Prof. Weimann ließ den Gast im geschmackvoll gestalteten Salon Platz nehmen und bot ihm etwas zu trinken an. "Aber warum hat er seinen Namen dann nicht einfach ins Französische übersetzt ?". "Sie haben völlig recht, mit Crocodile würde es sogar viel einfacher und französischer sein. Mein Vorfahre konnte aber am Anfang nur sehr schlecht Französisch. Das Wort Crocodile hat er noch nicht gekannt als er sich einen neuen Namen aussuchte" erwiderte der Comte und nippte am Cognac.
Nach einer kurzen Pause - keiner peinlichen Gesprächspause sondern eher ein Moment unter Genießern - begann Prof. Weimann: "Dann lassen Sie uns zur Sache kommen. Sie haben gesagt die 'Ligue des Chevaliers-Crocodiles" würde mir ein Forschungssemester an der Sorbonne finanzieren, um die Rolle der Krokodile in der Französischen Revolution zu erforschen. Wie kommen Sie darauf einen deutschen Professor zu fragen ?". "Sehen Sie" erklang der leichte französische Akzent, "ein französischer Wissenschaftler würde uns gleich für verrückt erklären. Und mit Ihrer richtungsweisenden Arbeit 'Der Einfluss der Alligatoren auf die Beschlüsse der Frankfurter Nationalversammlung in der Paulskirche' sind sie der einzige ernstzunehmende Forscher auf diesem Gebiet". Prof. Weimann biss sich auf die Unterlippe. "Sie wissen schon dass ich mit dieser Arbeit meine wissenschaftliche Reputation aufs Spiel gesetzt habe und an meiner Universität keine Arbeiten mehr betreuen darf.". "Ja dann ist das doch für Sie die Gelegenheit, ein Semester völlig frei auf Ihrem Fachgebiet arbeiten zu können ! Wir stellen Ihnen das Büro, eine Sekretärin und einen Assistenten. Sie haben besten Zugang zu den umfangreichen Archiven ! Ihr Dekan ist auch schon damit einverstanden". Dass dieser sogar sehr erfreut ob der Aussicht gewirkt hatte, seinen Kollegen eine Zeit lang nicht zu sehen, verschwieg der Comte galant.
Nach kurzem Nachdenken begann Prof. Weimann zu strahlen: "Ich hatte mich schon so sehr mit dem Ende meiner wissenschaftlichen Karriere abgefunden dass mir die Großartigkeit Ihres Angebots erst langsam klar wird". Und in Gedanken fügte er hinzu: "Und ein halbes Jahr mit meiner Frau in Paris zu leben ist ein angenehmer, nicht überschätzbarer Nebeneffekt."

2 Kommentare:

Oles wirre Welt hat gesagt…

Irgendwann gab es im Pfälzer Wald bei Kaiserslautern ja Kängurus. Deren Rolle im Kontext der Französischen Revolution ist eher klein. Sie wurden erst Ende des 19. Jahrhunderts dort ausgesetzt und kurze Zeit später wieder eingefangen. Das wiederum dauerte auch einige Zeit. Kängurus sind im Pfälzer Wald heutzutage wieder selten.

Lundi hat gesagt…

Danke Ole ! Ich denke die Geschichte von exotischen Tieren in Europa muss mal gründlich untersucht werden.