Freitag, März 10, 2006

Die Postkarte

Auf dem Hügel ausserhalb des Dorfes steht ein älteres Gebäude. Schon etwas heruntergekommen, mit bröckelndem Putz läßt es immer noch erahnen dass es von einem Industriellen in der Gründerzeit als Sommerfrische erbaut wurde. Mit grosser Veranda, Wintergarten und verwildertem Garten macht es jetzt einen eher verwunschenen Eindruck. Jedesmal wenn es Post für den dort alleine wohnenden Rentner zu verteilen gibt, muss der Postbote aus dem Dorf heraus und die steile Auffahrt auf den Hügel hochradeln.
An diesem Tag hält der Postbote eine Postkarte in der Hand, die mit einer sehr altmodisch wirkenden, akkuraten Handschrift adressiert war. Sollte er nur für diese Postkarte den weiten Weg auf sich nehmen ? Er wiegt die Postkarte in der Hand und beginnt sie genauer zu betrachten. Eine Ansichtskarte die ein Dorf an einem bayerischen See zeigt. Er dreht die Karte um und beginnt zu lesen.
Nachdem er die Karte das zweite Mal gelesen schaut er in den Himmel während in seinem Kopf Erinnerung um Erinnerung auftauchen und um seine Aufmerksamkeit buhlen. Er steigt auf das Rad und fährt in rasendem Tempo dem Hügel hinauf.
Ausser Atem klingelt er Sturm, drückt dem verdutzten Rentner die Postkarte in die Hand und schreit heraus: "Ich hoffe ich muss nicht bis zur Rente warten um nochmal etwas von IHR zu hören".

1 Kommentar:

kein einzelfall hat gesagt…

In einem Tatort vor etlichen Jahren fiel der Satz: "Lieber auf den Tod warten als auf eine Frau, denn der Tod kommt bestimmt."
Was ihn im Übrigen auch von der Rente unterscheidet.

Womit ich jetzt die ganze schöne Postkartenidylle vermutlich vollends kommentatorisch zertrampelt habe. Pardon!