Mittwoch, September 06, 2006

Rotwein am Fuße des Olymps

Michael Schneider steht am Küchenfenster und schaut auf die von Straßenlaternen erleuchteten parkenden Autos herab. Er hat lange nachgedacht, und eigentlich liegt alles klar vor ihm.
Dass die FAZ sein Talent nicht erkannt hat sollte ihn eigentlich nicht verwundern. Die Geschichte zeigt dass viele Genies erst spät den angemessenen Ruhm erlangten. Und außerdem - sollte er sein Talent wirklich an den Journalismus verschwenden ? War er nicht für größeres auserwählt: Den Schlüsselroman seiner Generation schreiben, oder das Buch das eine ganze Jugend prägt, oder den Roman der noch nach hundert Jahren als geniales nur von wenigen verstandenes Meisterwerk gefeiert wird ?
Er nimmt ein Schluck aus dem Rotweinglas. Ein schwerer Bordeaux. Nichts leichtes, süssliches, keine schnellen Effekte, sondern etwas mit Nachklang, Tiefenwirkung. So soll sein Buch werden. Er kann es schon fühlen.
Jetzt muss er nur noch anfangen es zu schreiben. Ja, nächstes Wochenende müsste er etwas Zeit haben, da wird er den Grundstein für seinen Aufstieg in den Literaten-Olymp legen.
Er beobachtet die Wirkung des Mondlichts auf sein Weinglas. Da kann er den Roman schon komplett herauslesen.

5 Kommentare:

mq hat gesagt…

Weinhandlungen sind hervorragende Bibliotheken.

Anonym hat gesagt…

vielleicht abwechselnd genießen: zuerst einen roten für die tiefe, dann einen weißen für den schwung...

Lundi hat gesagt…

@markus: Damit ist es hervorragend auf den Punkt gebracht.
@chris: Interessante Arbeitsmethode !

samoafex hat gesagt…

Ich glaub', ich kenn' jemanden, der auch so ist wie dein Protagonist hier.

Lundi hat gesagt…

@samoafex: Schön zu hören dass die eigenen Figuren wirklich leben.
@mkh: Wunderbare Gedanken !